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Geschichte Fatale Tierliebe

„Ui, Herr Hitler, Sie dressieren Hunde aber fein!“

Wolf, Muck und Blondi: Schäferhunde waren Hitlers liebster Zeitvertreib. Eine Episode aus dem Jahr illustriert das. Der NS-Führer zeigte sich gern mit Tieren. Das lässt tief blicken.
Leitender Redakteur Geschichte
Adolf Hitler Adolf Hitler
Hitlers Beziehung zu seinen Hunden war offenbar enger als die zu jedem Menschen seit seiner Jugend, eingeschlossen die eher geduldete als geliebte Gefährtin Eva Braun
Quelle: picture alliance / Mary Evans Pi

Geschenke wollen gut ausgesucht sein. Sie sollen dem Beschenkten Freude machen, möglichst über lange Zeit. Idealerweise bereichern sie sein Leben. Insofern bekam Adolf Hitler wohl nie ein besseres Geschenk als zu seinem 33. Geburtstag am 20. April 1922: Rund 30 Nationalsozialisten hatten zusammengelegt und den Duzfreund des NSDAP-Chefs Christian Weber beauftragt, einen jungen Schäferhund zu besorgen. Hitler freute sich, nannte das Tier „Wolf“ und verbrachte fortan viel Zeit mit ihm.

Die Beziehung des Parteiführers und späteren Reichskanzlers zu seinen Hunden ist – vor allem seit den 1990er-Jahren – oft karikiert worden. Die erfolgreichen Dokumentationsserien des damaligen ZDF-Historikers Guido Knopp unter anderem zu „Hitlers Helfern“, „Hitlers Kriegern“, „Hitlers Frauen“ und „Hitlers Manager“ hatten viel Neid und Häme ausgelöst: Nun fehle eigentlich nur noch eine Serie über „Hitlers Hunde“, hieß es häufig.

Ein zufälligen Fund genau zu diesem Thema hat der Historiker Paul Hoser öffentlich gemacht. In seinem Aufsatz über Hitlers Wohnung in der Thierschstraße 41 in München, der in den renommierten „Vierteljahrsheften für Zeitgeschichte“ erschienen ist, zitiert er einen 1937 an entlegener Stelle anonym erschienenen Bericht, wie drei „Jungmädel“ 1925 Hitlers Privatquartier besuchten.

1-H76-F1926-1-B (1107958) Hitler mit Schäferhund in den Bergen / Foto Hitler, Adolf Politiker (NSDAP), 1889-1945. - Hitler in Trachtenkleidung mit seinem Schäferhund in den Bergen.- Foto, um 1926; digital koloriert. |
Hitler mit Schäferhund Wolf in den Bergen, aufgenommen 1926
Quelle: picture alliance / akg-images

So bekannt war die Vorliebe des „Führers“ für Hunde in Parteikreisen damals schon, dass die drei eigens eine Knackwurst für „Wolf“ mitgebracht hatten. Zuerst aber hörten sie sich einen dreiviertelstündigen Monolog an über die Aufgaben, „die wir Mädel und die deutschen Frauen im Volk zu erfüllen haben“. Dann hatte Hitler offenbar genug, er erhob sich. Zum Abschied wollte er den drei Besucherinnen noch etwas vorführen.

„Wolf wurde hereingerufen“, hieß es in dem kurzen Beitrag, der in einem Lesebuch für BDM-Mitglieder erschien: „Mit hängender Zunge und blitzenden Lichtern sprang er herein. Auf einen Pfiff des Führers setzte er sich; der Führer langte aus der Hosentasche ein kleines Messer heraus, schnitt von der Wurst ein ‚Randerl‘ ab und legte sie dem Tier auf die Nase, und dann sprach er mit uns weiter, wie wenn nichts gewesen wäre. Ein Zeichen, und hupp – die Wurst war weg, das wiederholte sich, dabei wurde Wolf überhaupt nicht angesprochen.“

Hitlers positive Emotionen

Nach dieser Schilderung wandte sich die Autorin des Beitrages direkt an die Leserinnen: „Ihr könnt Euch denken, dass uns das gewaltig imponierte und da könnt Ihr verstehen, dass ich zum Führer sagte: ,Ui, Herr Hitler, Sie dressieren Hunde aber fein!’“

Hitlers Beziehung zu seinen Hunden war offenbar enger als die zu jedem Menschen seit seiner Jugend, eingeschlossen die eher geduldete als geliebte Gefährtin Eva Braun. Seinen Tieren gegenüber zeigte er positive Emotionen, die Menschen niemals bei ihm auslösen konnten.

Adolf Hitler mit Frontkameraden im 1.WK Hitler, Adolf Politiker (NSDAP). Braunau 20.4.1889 - (Selbstmord) Berlin 30.4.1945. - Hitler (1.Reihe, links) mit Front- kameraden waehrend des I.Weltkrieges. - Foto, vor 1916. |
Adolf Hitler (l.) mit Meldegängerkameraden und Hund Foxl während des Ersten Weltkriegs
Quelle: picture-alliance / akg-images

Der erste bekannte Hund, den Hitler versorgte, war ein weißer Terrier mit schwarzem linken Ohr. Er lief Hitler Mitte März 1915 zu, wahrscheinlich aus einem britischen Schützengraben. Er taufte ihn „Foxl“ und umsorgte ihn gut zwei Jahre lang. Mindestens zwei der seltenen Fotos Hitlers aus der Etappe hinter der Westfront zeigen ihn mit dem Tier, für das er sich dem Eindruck eines Kriegskameraden zufolge mehr interessierte als für die Männer seiner kleinen Gruppe von Botengängern.

Anfang Juli 1917 entstand noch ein Bild mit Foxl, doch drei Wochen später war das Tier auf einmal unauffindbar. Möglicherweise wurde das Tier von einem Angestellten der Eisenbahn gestohlen. Für Hitler war das auf jeden Fall ein schwerer persönlicher Verlust.

„Vor Freude fast die Treppe heruntergeworfen“

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Die nächsten knapp fünf Jahre lang verzichtete er auf ein Tier, bis seine Bewunderer zusammenlegten und ihm Wolf kauften. Der Schäferhund musste allerdings hinnehmen, dass sein Herrchen im November 1923 für mehr als ein Jahr verschwand: Der gescheiterte Putschist war verhaftet und verurteilt worden. Als er schon nach 13 Monaten freigelassen wurde und in die Münchner Thierschstraße zurückkehrte, reagierte Wolf begeistert. „Mein Hund hätte mich vor Freude fast die Treppe heruntergeworfen“, erzählte Hitler noch viele Jahre später.

Trotzdem musste der Schäferhund eingeschläfert werden, und Hitlers Leibwächter Ulrich Graf schenkte ihm 1928 ein anderes Tier, den schwarzen Schäferhund „Muck“, der bald in die von Hitlers Fotografen Heinrich Hoffmann inszenierten Propagandabotschaften einbezogen wurde.

ARCHIV - Der nationalsozialistische «Führer» und deutsche Diktator Adolf Hitler mit seinem Hund (undatierte Aufnahme). Foto:UPI/dpa (zu dpa-KORR: «Filmstar und Diktatoren-Liebling: Bekannte deutsche Schäferhunde» vom 04.09.2015) +++(c) dpa - Bildfunk+++ |
Hitler mit seinem Hund Muck
Quelle: picture alliance / dpa

In den 30er-Jahren lebte Muck vorwiegend auf dem Obersalzberg in Berchtesgaden. Als das Tier wohl an Altersschwäche starb, war Hitler am Boden zerstört und lehnte den Vorschlag ab, einen neuen Hund geschenkt zu bekommen.

Anfang 1942 wurde die Stimmung des Diktators immer schlechter, was natürlich vor allem an der schlechten Entwicklung des Krieges lag. Darunter litten die Mitglieder seiner Entourage derartig, dass sie gemeinsam nach einer Lösung suchten.

Einer hatte gehört, dass die Schäferhündin von Gerdi Troost, der Hund von Hitlers erstem Lieblingsarchitekten Paul Ludwig Troost, gerade mehrere Welpen geworfen hatte. Eine besonders schöne Hundedame wurde ausgesucht und Hitler geschenkt, der sie „Blondi“ taufte.

„Das einzige Lebewesen, das ständig um ihn ist“

Die Folgen hielt Josef Goebbels fest: „Der Führer ist bei bester Laune und strahlt Energie und Vitalität aus.“ Den Grund benannte der Propagandaminister in seinem Tagebuch eindeutig – nämlich Blondi: „Es ist direkt rührend, als er mir erzählt, er gehe deshalb so gern mit diesem Hund spazieren, weil er bei ihm allein die Gewissheit habe, dass er nicht anfangen werde, vom Kriege oder von der Politik zu sprechen.“

Dieser Hund sei „im Augenblick das einzige Lebewesen, das ständig um ihn ist“, notierte Goebbels weiter: „Es schläft nachts vor seinem Bett, es wird im Sonderzug in seine Schlafkabine hineingelassen und genießt dem Führer gegenüber eine ganze Reihe von Vorrechten, die sich ein Mensch niemals herausnehmen dürfte und könnte.“

Hitler mit Schaeferhuendin, Obersalzberg Hitler, Adolf Politiker (NSDAP). Braunau 20.4.1889 - (Selbstmord) Berlin 30.4.1945. - Hitler mit Schaeferhuendin im Haus Wa- chenfeld auf dem Obersalzberg. - Foto, 1934. |
Ein junger Schäferhund um 1934 mit Hitler auf dem Obersalzberg
Quelle: picture-alliance / akg-images
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Nach Ansicht des Berliner Historikers (und Schäferhundbesitzers) Wolfgang Wippermann weisen allerdings die erhaltenen Bilder von Hitler und Blondi darauf hin, dass „Hitler diesen Hund zu wenig kennt“. Er habe „keinen Kontakt mit ihm, zu wenig Kontakt, wahrscheinlich hat er ihn auch scharf dressiert oder dressieren lassen“.

Trotzdem wurde Blondi in den letzten beiden Kriegsjahren zur Hauptfigur der NS-Propaganda. In den Wochenschauen waren Herrchen und Vierbeiner wiederholt zu sehen, der Schäferhund stand sinnbildlich für den „privaten“ Hitler. Anders als Foxl, Wolf und Muck vorher empfand der Diktator offenbar wirklich etwas für das Tier. Deshalb ließ er es auch am 29. April 1945 vergiften, mit einer Kapsel derselben Art, mit der er selbst Suizid begehen wollte.

Jedenfalls lagen in der Grube, in der Adolf und Eva Hitler verbrannt worden waren, auch die Knochen von zwei Schäferhunden. Es handelte sich wohl neben Blondi um ihren Welpen, das Hitler wie schon 1922 ebenfalls „Wolf“ getauft hatte. Noch im Tod waren ihm zwei Hunde mindestens genauso wichtig wie seine langjährige geheime Gefährtin. Statt Menschlichkeit empfand Adolf Hitler eine wahrhaft fatale Tierliebe.

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Dieser Artikel wurde erstmals im Mai 2017 veröffentlicht.

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