1.4 Bestimmungsmerkmale - Genres
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<strong>1.4</strong> <strong>Bestimmungsmerkmale</strong><br />
Um überhaupt noch vorhandene Vorkommen von Schwarzpappeln – Jungwuchs und Altbäume<br />
– auffinden und eindeutig bestimmen zu können, bedarf es sicherer <strong>Bestimmungsmerkmale</strong>.<br />
Die in den einschlägigen Bestimmungsbüchern zu findenden Angaben waren<br />
und sind dafür unvollständig und bieten die Möglichkeit der Fehlinterpretation. Nach den<br />
Erfahrungen bei der Identifizierung von Sorten/Klonen der Schwarzpappelhybriden (MÜL-<br />
LER und SAUER 1961) und eigenen Arbeiten (JOACHIM und BORSDORF 1966) konnte<br />
das nicht verwundern. Diese Situation wird aber weiterhin durch die vorhandene Formenmannigfaltigkeit<br />
innerhalb der Art Schwarzpappel (Populus nigra L.), vor allem von Habitus,<br />
Blatt und Borke, erschwert. Auch eine weitere Differenzierung dieser und weiterer Merkmale<br />
in weit von einander liegenden Flussgebieten ist möglich. Bei unseren Arbeiten konnte das<br />
arbeits-, zeit- und insgesamt finanzaufwendige sichere und bewährte Bestimmen und Vergleichen<br />
anhand von Baumschulpflanzen, aber auch die Identifizierung mittels DNA- und/<br />
oder Isoenzym-Analyse aus den verschiedensten Gründen nicht genutzt werden. So blieb<br />
nur der traditionelle Weg des Bestimmens nach äußerlichen Merkmalen am Fundort. Dafür<br />
genügte eine oft erhaltene Vorinformation über „einen großen, starken und alten Baum“ aber<br />
Abb. 6: Schwarzpappel-Population auf der Oderinsel Küstrin-Kietz<br />
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<strong>1.4</strong> BESTIMMUNGSMERKMALE<br />
Abb. 7: Schwarzpappeln sind über ihre gesamte<br />
Lebenszeit an ihrem Habitus erkennbar<br />
Abb. 8: Für Schwarzpappeln<br />
„typische“ Blattformen und Knospen<br />
überhaupt nicht. Denn auch aus unserem Gebiet liegen gesicherte Hinweise dafür vor, dass<br />
Aigeiros-Pappelhybriden schon vor rund 200 Jahren und möglicherweise auch noch davor<br />
angepflanzt wurden. Deren Nachkommen bzw. noch existierende Altbäume können auf optimalen<br />
Standorten dann recht starke Dimensionen ausgebildet haben.<br />
Bei den Feldarbeiten wurden immer der Baumhabitus, das Kronenbild, die Borke und Rinde,<br />
die Zweige einschließlich der Knospen sowie die Blätter und Blüten herangezogen (Abb.<br />
6–8). Dabei stellte sich schon frühzeitig heraus, dass von diesen nicht ein Merkmal allein,<br />
sondern stets mehrere Merkmale an einem Baum erfasst werden mussten, um eine voll<br />
gesicherte Identifikation zu erreichen.<br />
Erfahrungen beim Vergleich mit Schwarzpappelhybriden erhöhte dabei stets die Sicherheit<br />
des Bestimmens. Im Gegensatz zu der Identifizierung von Klonen/Sorten der Schwarzpappelhybriden<br />
galt es bei Schwarzpappeln stets auch die Variationsbreite der Merkmale<br />
innerhalb der Art in Betracht zu ziehen. Die Möglichkeit des Auftretens regional begrenzter<br />
bzw. an Baumentwicklungsphasen gebundenen Merkmalen war ebenfalls nicht auszuschließen.<br />
So ist z. B. der Baumhabitus in unserem Beobachtungsgebiet charakteristisch (s. Abb.<br />
7) und stimmt auch überein mit den von v. d. MEIDEN (1970) gegebenen Abbildungen, während<br />
der Baumhabitus in dem Material von EUFORGEN „Populus nigra Network“ (1996)<br />
deutlich davon abweicht.
Als Grundlage für die Bestimmungsarbeiten sind zu nennen:<br />
<strong>1.4</strong> BESTIMMUNGSMERKMALE<br />
– der günstigste Zeitraum zur Bestimmung liegt nach Vollaustrieb der Blätter Ende Mai.<br />
Eine weitgehend sichere Bestimmung kann aber nach guter Einarbeitung auch in anderen<br />
Jahreszeiten erfolgen;<br />
– stets müssen mehrere Merkmale an einem Baum/einer Pflanze erfasst werden;<br />
– als weitgehend feste Merkmale gelten:<br />
– der Baumhabitus<br />
– fehlende Drüsen am Spreitengrund und fehlende Behaarung am Blattrand und<br />
am Blattstiel<br />
– die weibliche Blüte<br />
– die Borke, wenn hier auch eine größere Merkmalsbreite erkennbar ist<br />
– die Zweige und Triebe,<br />
– dagegen müssen als variabel eingestuft werden:<br />
– u. a. die Blätter<br />
– das Vorhandensein von Maserknollen (Abb. 9)<br />
– das phänologische Verhalten im Frühjahr und Herbst (Abb. 10).<br />
Für alle weiteren Arbeiten mit der Schwarzpappel war und ist die Anwendung dieses<br />
Bestimmungsschlüssels und damit die Sicherheit der Identifizierungsergebnisse von großer<br />
Bedeutung. Gute Gelegenheit zur Überprüfung unserer Bestimmungsgrundlagen bot<br />
Abb. 9: Im Vergleich zu anderen Pappelarten weisen Schwarzpappeln häufig Maserknollen auf<br />
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<strong>1.4</strong> BESTIMMUNGSMERKMALE<br />
Abb. 9a: Stammquerschnitt im Bereich von Maserknollen<br />
Abb. 10: Breites phänologisches Spektrum einer Schwarzpappel-Population.<br />
Frühjahr 1999 an der Oder<br />
sich, als die in Sachsen-Anhalt anhand unserer Merkmale und Anleitung aufgefundenen<br />
Schwarzpappeln in der Hessischen Landesanstalt für Forsteinrichtung, Waldforschung und<br />
Waldökologie in Hann. Münden mittels Isoenzymanalyse überprüft werden konnten. Hierbei<br />
ergab sich die volle Übereinstimmung der auf unterschiedlichem Weg – Isoenzymanalyse,<br />
Feldbestimmung – ermittelten Ergebnisse (NATZKE 1998). Aber auch weitere direkte und/<br />
oder indirekte Merkmale können für die Bestimmung zusätzlich wertvoll sein.
<strong>1.4</strong> BESTIMMUNGSMERKMALE<br />
– Im August 1997 ermöglichten Befallsunterschiede bei frühzeitigem Befall mit dem<br />
Pappelblattrost diesen Befund als sehr gutes indirektes Merkmal mit heranzuziehen<br />
(Abb. 11 u. 12). Bei den sehr hohen Luftfeuchte-Bedingungen im Verlauf des Oderhochwassers<br />
trat an Schwarzpappeln frühzeitig – Juli – sehr starker Blattrostbefall,<br />
verursacht durch Melampsora larici populina KLEB. auf. An Schwarzpappelhybriden –<br />
auch an den sehr empfindlichen Sorten ´Robusta´ und ´Serotina´ in direkter Nachbar-<br />
Abb. 11: Als Solitäre erwachsene Schwarzpappeln auf den Oderwiesen bei Genschmar vor dem<br />
Oderhochwasser (Foto: 19.7.1996)<br />
Abb. 12: Die Bäume der Abb. 11 während des Hochwassers (Foto: 8.8.1997)<br />
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<strong>1.4</strong> BESTIMMUNGSMERKMALE<br />
schaft stehend – trat Rostbefall – je nach Sortenanfälligkeit – deutlich mehrere Wochen<br />
später auf oder blieb ganz aus (Abb.13). Dadurch konnte die Kartierung von<br />
Bäumen der Schwarzpappel mit hoher Sicherheit erfolgen. Die einschlägigen Angaben<br />
hierzu von WEISSGERBER (1999) und RAU u. a. (1988) „überwiegend schwache<br />
bis mäßige, selten mittlere bis starke Infektionen“ können nach den über mehrere<br />
Jahre erfolgten Beobachtungen an Populus nigra entlang von Oder und Elbe nicht<br />
bestätigt werden. Dass auf dem Weg der Resistenzzüchtung auch Schwarzpappeln<br />
mit geringer Rostempfindlichkeit ausgelesen werden können, machen Beispiele aus<br />
den Niederlanden deutlich. (v. d. MEIDEN u. KOLSTER 1963).<br />
Abb. 13: Sehr starker Blattrostbefall an Schwarzpappeln; Hybridpappeln (rechts) ohne Befall.<br />
An der Oder August 1997<br />
Zu nennen sind weiterhin:<br />
– Schwarzpappeln werden von der Mistel (Viscum album L.) nicht befallen; hierauf ist<br />
hinzuweisen, da WALTER (1927) für Populus nigra in den Auewaldungen betont, dass<br />
auf den Pappeln die Mistel besonders häufig wächst (Abb. 14).<br />
– An Schwarzpappelhybriden werden keine Blattstielgallen – hervorgerufen durch die<br />
Blattlaus Pemphigus spirothecae Pass. und auch kein Befallsbild der Blattlaus<br />
Thecabius affinis Kalt gefunden, an der reinen Schwarzpappel und deren Varietäten –<br />
z. B. Populus nigra var. ´Italica´ – dagegen häufiger (JOACHIM 1956).<br />
Merkmale:<br />
Baumhabitus: Anfangs dichte, teils besenförmige Krone, die auch mit zunehmendem<br />
Alter weitgehend erhalten bleibt. Bei Altbäumen (älter als 100 Jahre) ist diese Form<br />
noch erkennbar, dann sind aber auch Bäume mit seitlich stark überhängenden Kronen-
Abb. 14: Pappeln mit Mistel-Befall sind keine Schwarzpappeln<br />
<strong>1.4</strong> BESTIMMUNGSMERKMALE<br />
teilen, besonders bei mehrstämmigen Individuen, bekannt. Dies ist davon abhängig, ob<br />
der Baum als Solitär oder im Bestand aufgewachsen ist. Bäume sind häufig mehrstämmig,<br />
aus Stockausschlag zusammengebrochener bzw. genutzter Bäume entstanden.<br />
Stamm: Mehr oder weniger geradwüchsig, oft auch geschlängelt, krumm. Der Stamm ist<br />
oft mit knolligen Wucherungen/Maserknollen besetzt. Diese erbliche Anlage „Maser-<br />
Abb. 15: Gruppenweises Vorkommen von Populus nigra mit Maserknollen ist häufig<br />
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<strong>1.4</strong> BESTIMMUNGSMERKMALE<br />
knollen“ ist zwar typisch für Schwarzpappeln, aber innerhalb der vorhandenen Formenvielfalt<br />
gibt es sowohl Bäume mit als auch ohne Maserknollen. In größeren Schwarzpappelvorkommen<br />
sind Bäume mit Maserknollen oft gruppenweise angeordnet (Abb. 15).<br />
Äste sind unregelmäßig über den Stamm verteilt. Wasserreiser sind häufig und<br />
zahlreich vorhanden, besonders im Bereich der Maserknollen.<br />
Borke: (Abb.16) stark ausgebildet, meist netzartiges Borkenmuster – dann an Robinie<br />
erinnernd. Nach HOLDHEIDE (1951) ist die Grobstruktur der Borke durch den<br />
Hohlkehlentyp gekennzeichnet. Die Rinde ist wie die von Baumweiden, aber noch gröber<br />
und deutlicher, tangential geschichtet.<br />
Abb. 16: Charakteristische Unterschiede bestehen in der Borkenausbildung zwischen Populus nigra<br />
(links) und Hybridpappeln (rechts)<br />
Rinde: Vor allem jüngere, aber auch ältere Bäume fallen durch ihre helle, grau-weiße<br />
Spiegelrinde oberhalb des verborkten Stamm- und Kronenbereiches auf.<br />
Lentizellen: klein, punkt- bis strichförmig, unregelmäßig angeordnet<br />
Knospen: langgestreckt, an der Spitze nach außen gebogen, geringe Behaarung möglich.<br />
Blattnarben: Nach Blattfall können auch Blattnarben zum Erkennen von Schwarzpappeln<br />
mitgenutzt werden. Gegenüber Aigeiros-Hybriden weisen Schwarzpappeln z. T. deutlich<br />
abweichende Blattnarben auf (ESCHRICH 1992). Es handelt sich hier aber nur<br />
um ein ergänzendes Wintermerkmal; die Benutzung einer Lupe ist notwendig.
Phänologie:<br />
Abb. 17a: Blattnarbe von<br />
Schwarzpappel mit drei<br />
Blattspuren: die große<br />
mittlere und die beiden<br />
kleineren an den Seiten<br />
sind längs gefurcht.<br />
<strong>1.4</strong> BESTIMMUNGSMERKMALE<br />
Blattaustrieb Farbe: hellgrün bis bräunlich<br />
Zeit: mittel bis spät<br />
im Zeitraum von Birke – Buche, größere Zeitspanne auch innerhalb<br />
lokaler Vorkommen<br />
Blattfall Zeit: – vergleichbarer Zeitraum anderer Baumarten Esche – Eiche<br />
– innerhalb der Schwarzpappel größere Spanne von fast kahl<br />
bis noch relativ dicht belaubt möglich<br />
– frühzeitiger Blattfall bedingt durch Blattrost häufig<br />
Blüte: Die männlichen und weiblichen Blüten entwickeln sich vor Laubausbruch im<br />
April/Mai. Die männlichen Kätzchen sind rot und bilden 20–30 Staubgefäße/Blüte. Eine<br />
Berücksichtigung der männlichen Blüten ist wegen ihres frühzeitigen Abfalles aber nur<br />
kurze Zeit möglich. Ein sehr gutes Merkmal für eine Bestimmung ist dagegen die weibliche<br />
Blüte. Sie ist wie auch bei den Hybriden gelb-grün bis grün.<br />
Die Samenkapseln sind zweiklappig, während Hybriden zwei- bis vierklappig aufbrechen.<br />
Dies ist bereits bei noch geschlossenen Kapseln gut und dann noch weit<br />
über ein halbes Jahr lang eindeutig zu erkennen. Sie sind dann am Boden, in Borkenritzen<br />
u. ä. leicht zu finden.<br />
Zweige: rund, bleigrau<br />
Abb. 17 b: Blattnarbe von Hybridpappel<br />
nach ESCHRICH (1992). Hier sind die<br />
seitlichen kleinen Blattspuren<br />
halbmondartig nach innen offen, die<br />
mittlere ist springbrunnenartig nach<br />
oben beiderseits überhängend.<br />
Triebe: 1-jährige: rund, wenn überhaupt, nur an der Spitze leicht kantig, nicht behaart<br />
Blatt: Blätter gehören bei Gehölzen in der Regel zu den eindeutigen <strong>Bestimmungsmerkmale</strong>n.<br />
Dies trifft auch bei der Differenzierung der Sektionen und Arten der Gattung<br />
Populus – Aigeiros, Leuce und Tacamahaca – voll zu. Die Hybriden mit anderen<br />
Artherkünften u. ä. und die mögliche große Variabilität der Blattformen an einem Baum<br />
sowie der starke Blattdimorphismus zwischen Altbaum, Stockausschlag und Baumschulpflanze<br />
schränkt die Aussagekraft aber ein.<br />
Die von BROKHUIZEN (1961) und BORSDORF (1966) beschriebene Anisophyllie<br />
von Schwarzpappelhybriden – Variabilität der Blattgröße und -form – und genau so<br />
auch die noch zusätzlichen Unterschiede von aus Winterknospen und erst ab Frühjahr<br />
gebildeten Blätter – Heterophyllie – dürften voll auch für Schwarzpappeln zutreffend<br />
sein.<br />
Blätter sollten daher für eine Bestimmung nicht allein herangezogen werden. Wichtige<br />
Hinweise bzw. Bestätigungen sind über die Blätter aber stets zu erhalten und notwendig.<br />
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Dazu gehören folgende Merkmale:<br />
– An Bäumen unterschiedlichen Alters – Baumschulpflanzen einbezogen – ist die<br />
Blattfarbe – Blattober- und -unterseite – grün.<br />
– Die Blätter von Schwarzpappeln sind kleiner als vergleichbare Blätter von Hybriden.<br />
– Die Blattbasis ist gerade bis keilförmig, wobei ein keilförmiger Spreitengrund in<br />
Verbindung mit einer stärker ausgezogenen Blattspitze mit als „typisches“ Blattmerkmal<br />
gelten muss. Bei den Schwarzpappelhybriden findet man bei<br />
´Marilandica´ eine ähnliche Blattform.<br />
– Häufig beginnen die ersten beiden Seitenadern direkt am Spreitengrund<br />
(„Wolterson-Effekt“).<br />
– Die bei Schwarzpappelhybriden regelmäßig vorhandenen 1–2 Drüsen am Übergang<br />
vom Blatt zum Blattstiel am Spreitengrund fehlen bei Schwarzpappeln.<br />
Sie können aber bei guten Bodenbedingungen – auch nach Beobachtungen an<br />
Baumschulpflanzen von BROEKHUIZEN (1971) – in kleinerer Form beobachtet<br />
werden.<br />
– Der Blattstiel ist flach und nicht behaart.<br />
Dagegen ist die Subspecies Populus nigra var. betulifolia – am Blattstiel und an<br />
jungen Trieben – nach der Literatur und nach eigenen Beobachtungen stark behaart.<br />
– Der Blattrand ist durch eine sichelförmig einwärts gekrümmte, nicht bewimperte<br />
schwache Randbezahnung gekennzeichnet.