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Nat ur Garten-Tage 2001 Nat ur garten - Naturgarten eV

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INHALT<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>Garten</strong>-<strong>Tage</strong> <strong>2001</strong><br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong> e.V.<br />

2. bis 4. Februar <strong>2001</strong> in Grünberg<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong>-<strong>Tage</strong> <strong>2001</strong> 3<br />

Der pflegeleichte <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong> 4<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong>pflege - Erfahrungen aus 20 Jahren Arbeit 8<br />

Ein <strong>Garten</strong> ohne Pflege? <strong>Garten</strong>pflege im nat<strong>ur</strong>nahen <strong>Garten</strong> 10<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong>-Erlebnis-Räume mit Benutzern kostengünstig und effektiv pflegen 12<br />

Public-Relation-Arbeit für Fachbetriebe 18<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong>nahe seilunterstützte Baumpflege. Erkenntnisse, Praktiken, Zukunft 19<br />

Planung von <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>gärten 23<br />

Blumenzwiebeln aus fernen Ländern? 25<br />

Der Schatten<strong>garten</strong> als Erlebnisraum. Heimische Gräser und Farne 27<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong> mit allen Sinnen erleben 29<br />

Eidechsen oder Katzen? 34<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong>-Erlebnis-Gärten. Eine Reise in eine neue Dimension von <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>gärten 36<br />

Pflegen wir unsere Blumenwiesen zu Tode? 39<br />

Die besten Blumenwiesen-Mischungen aus dem Fachhandel. Saatguttest. 42<br />

Z<strong>ur</strong> Konzeption von Blumenwiesen-Mischungen 47<br />

Adressen der Referenten 52<br />

Unsere Vision 53<br />

Beitrittserklärung, Impressum 54


VORWORT<br />

Die <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong>-<strong>Tage</strong> des NATURGARTEN E.V. sind<br />

bereits zu einem festen jährlichen Ereignis für jede(n)<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong>gärtnerIn geworden.<br />

Auch dieses Jahr trafen sich am 2. bis 4. Februar wieder 115<br />

Experten und <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong>-Interessierte zum gegenseitigen<br />

Erfahrungsaustausch.<br />

Für diejenigen, die dieses Jahr nicht dabeisein konnten,<br />

haben wir zum Nachlesen die K<strong>ur</strong>zfassungen der Vorträge<br />

zusammengestellt. Bei Rückfragen oder weitergehendem<br />

Interesse möchten wie Sie bitten, mit den einzelnen Autoren<br />

persönlich Kontakt aufzunehmen. Auf Seite..... finden Sie die<br />

Referenten-Adressen.<br />

Haben Sie Ideen und Vorschläge für unsere <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong>-<br />

<strong>Tage</strong> 2002? Wir nehmen sie jetzt schon gerne entgegen.<br />

Rufen Sie uns doch mal an.<br />

Wir wünschen Ihnen viele Anregungen beim Lesen!<br />

2


Ihr NATURGARTEN E.V. -Team.<br />

Der pflegeleichte <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong><br />

NATURGARTEN e.V.<br />

Bundesgeschäftsstelle<br />

Görresstr. 33<br />

80739 München<br />

Tel. und Fax 089/ 52 34 770<br />

Faxabruf: 0190/250 250<br />

Ein <strong>Garten</strong>konzept mit viel Spaß und wenig Aufwand<br />

Christoph Schallert, Geschäftsführer bei Ahornblatt GmbH, Mainz.<br />

Dies ist kein Beitrag über Sinn und Vorteile des <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong>s allgemein, sondern stellt das <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong>-<br />

Konzept des Mainzer <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong>-Spezialisten Ahornblatt GmbH vor. Angesichts des beschränkten Raumes<br />

kann dabei vieles aber n<strong>ur</strong> angerissen oder stichwortartig erwähnt werden. Zunächst im Überblick:<br />

Ahornblatt-<strong>Nat</strong><strong>ur</strong>gärten<br />

- leben vor allem von ihren Pflanzen, schöpfen aus der ganzen Vielfalt der heimischen Flora und sind<br />

deshalb ein wichtiger Beitrag zu wirksamem Artenschutz<br />

- sprechen alle Sinne an<br />

- achten Pflanzen als lebendige Mitgeschöpfe mit eigener Würde<br />

- gehen von den natürlichen Gegebenheiten aus, beziehen natürliche Entwicklungen ein und kommen<br />

deshalb mit n<strong>ur</strong> wenigen Pflege-Eingriffen aus<br />

- leben nicht vom schnellen "Effekt", sondern von nachhaltiger Eigen-Entwicklung<br />

und sind deshalb vielfältig, lebensfreundlich, individuell und pflegeleicht.<br />

Im einzelnen:<br />

Ahornblatt-Gärten leben vor allem von ihren Pflanzen, schöpfen aus der ganzen Vielfalt der heimischen Flora<br />

und sind deshalb ein wichtiger Beitrag zu wirksamem Artenschutz<br />

Die Pflanzen selbst spielen bei der Gestaltung der Ahornblatt-Gärten die Hauptrolle. Wir verzichten in der<br />

Regel auf größere Steinarbeiten (Steine gibt es schon viel zu viele um uns herum) und Erdbewegungen und<br />

brauchen für unsere <strong>Garten</strong>gestaltung deshalb weder Bagger noch sonstiges schweres Gerät.<br />

3


Im Gegensatz zu einem weitverbreiteten Vor<strong>ur</strong>teil (heimische Pflanzen seien 1. immer zu groß und 2. n<strong>ur</strong><br />

grün) gibt es für jeden gärtnerischen Zweck die richtige heimische Pflanze. Die heimische Flora bietet – allen<br />

Unkenrufen zum Trotz – eine riesige Vielfalt. N<strong>ur</strong> zwei Beispiele bei den Rosengewächsen: Es gibt allein zwei<br />

Dutzend heimischer Wildrosenarten und eine mindestens dreistellige Zahl von Sorten. Und allein die<br />

Brombeere bietet über 240 verschiedene Arten mit zum Teil völlig unterschiedlichen und gärtnerisch<br />

spannenden Eigenschaften.<br />

Um diese Pflanzenvielfalt für unsere Gärten nutzbar zu machen, sind regelmäßige botanische Exk<strong>ur</strong>sionen<br />

ein wesentlicher Teil der Ahornblatt-Forschungsarbeit, geleitet von Geschäftsführer Dr. Norbert Kleinz.<br />

Ein weiterer Gesichtspunkt: Angesichts großräumig zerstörter natürlicher Lebensräume kommt den Gärten<br />

eine immer größere Bedeutung für die Erhaltung seltener und bedrohter Pflanzen- und Tierarten zu. Es gibt<br />

eine ganze Reihe von Beispielen dafür, daß bedrohte Arten und Sorten n<strong>ur</strong> in Gärten überlebt haben und n<strong>ur</strong><br />

deshalb überhaupt noch für unsere Nachkommen erhalten sind!<br />

Ahornblatt-Gärten sprechen alle Sinne an<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong>gärten sind ein "Fest der Sinne", in denen nicht n<strong>ur</strong> das Auge, sondern auch Nase, Ohren, Hände und<br />

Mund auf ihre Kosten kommen.<br />

Zum Beispiel die Düfte: Wiederum bieten hier allein die Rosen eine Fülle von Eindrücken. Schon beim<br />

Blütenduft unterscheiden sich die verschiedenen Rosenklassen. Die Bibernellrose etwa duftet würzigmorgenländisch,<br />

die Hundsrose himbeerartig-fruchtig und die Zimtrose süß und schwer. Aber nicht n<strong>ur</strong> die<br />

Blüten duften. Das Laub einiger Rosenarten duftet nach Harz bzw. Apfel, und wir haben vor k<strong>ur</strong>zem auf einer<br />

Exk<strong>ur</strong>sion in der Schweiz sogar eine Rose gefunden, deren Blätter nach Mandarinen duften (Rosa villosa<br />

var. microphylla f. personata).<br />

Oder die Farben: Da leuchten oft nicht n<strong>ur</strong> die Blüten, sondern im Herbst vielfach auch das Laub in allen<br />

möglichen Farbtönen. X Crataemespilus grandiflora zum Beispiel, der Gattungsbastard zwischen Weißdorn<br />

und Mispel, ist ein wahres Feuerwerk der Herbst-Farben. Und auch in anderen Jahreszeiten haben die<br />

verschiedenen Töne der Blätter einiges zu bieten: von Hellgrün über Dunkelgrün, fast Hellblau bis hin zum<br />

Bla<strong>ur</strong>ot des Hechtrosenlaubes (Rosa rubrifolia). Und die Fruchtfarben bieten z. B. allein bei den Pflaumen<br />

und den Kriechen (Prunus insititia) eine große Farbpalette. Schön sind auch Kombinationen: Schlehenfrüchte<br />

neben Hagebutten mit ihren ganz verschiedenen Rottönen oder der Fruchtstand des Schwarzen Holunders<br />

neben dem der Weißen Waldrebe. Und die die Verbindung von Blüten-, Laub- und Fruchtfarben zum Beispiel<br />

in einer vielfäligen bunten Wildstrauchhecke läßt kaum Wünsche offen und ist den in vielen Gärten üblichen<br />

"Bonbonfarben" weit überlegen.<br />

Fühlen und Schmecken: Die aufgeblasenen Früchte des Gelben Blasenstrauches (Colutea arborescens)<br />

oder die "Klappernüsse" von Staphylea pinnata sind (nicht n<strong>ur</strong> für Kinder) etwas zum Anfassen, genau wie<br />

das filzige Laub einiger Pflanzenarten, um n<strong>ur</strong> diese wenigen Beispiele zu nennen. Und viele Wildfrüchte und<br />

<strong>ur</strong>alten Obstsorten (Ahornblatt hat ein eigenes UrObst-Angebot) schmecken oft ungleich aromatischer als die<br />

heutigen "Ertragssorten" aus dem Supermarkt und sind dabei robust und pflegeleicht.<br />

Ahornblatt-Gärten achten Pflanzen als lebendige Mitgeschöpfe mit eigener Würde<br />

Pflanzen sind für uns nicht n<strong>ur</strong> "Material", sondern Mitgeschöpfe mit eigener Würde. Daraus ergibt sich z. B.<br />

ein anderer Umgang mit den Pflanzen, als er sonst im <strong>Garten</strong>- und Landschaftsbau vielfach üblich ist. So<br />

legen wir bei Ahornblatt neben der Verwendung von jeweils standortgerechten Pflanzen (die dann eben ohne<br />

weiteres Zutun gedeihen) großen Wert auf das genaue Auslegen vor Ort und sorgfältige Pflanztechnik ohne<br />

Zeitdruck, damit alles ohne großartige Pflege gut anwächst und auf lange Sicht seinen entsprechenden<br />

Lebensraum hat.<br />

4


Außerdem verwenden wir in unseren Gärten (bis auf wenige Ausnahmen, z.B. beim Obst) ausschließlich<br />

Pflanzen, die auf eigener W<strong>ur</strong>zel stehen, also nicht "okuliert", sondern eben "w<strong>ur</strong>zelecht" sind. Zum einen,<br />

weil wir keine "Pflanzen ohne Unterleib" mögen und unser Schöpfer sich schon etwas dabei gedacht haben<br />

wird, daß jede Pflanze ihre eigene W<strong>ur</strong>zel hat. Zum anderen aber auch aus ganz praktischen Gründen, weil<br />

es bei w<strong>ur</strong>zel-echten Pflanzen keinen Ärger mit Wildtrieben aus der W<strong>ur</strong>zel gibt und auch nicht die Gefahr<br />

besteht, daß die aufgepfropfte Pflanze von der W<strong>ur</strong>zel irgendwann abgeworfen wird.<br />

Z<strong>ur</strong> Achtung der Pflanzen als Lebewesen gehört auch, daß sie in unseren Gärten älter werden dürfen, ohne<br />

ständig wieder mit der <strong>Garten</strong>- oder Astschere "verjüngt" und dabei in ihrer natürlichen Wuchsform<br />

geschädigt oder zerstört zu werden. Wenn Sträucher im unteren Bereich kahl werden, stellt sich mit der Zeit<br />

von ganz allein Unterwuchs und die typische Heckensaum-Flora ein, die wieder einen ganz eigenen Anblick<br />

bietet und die Hecke belebt.<br />

Ahornblatt-<strong>Nat</strong><strong>ur</strong>gärten gehen von den natürlichen Gegebenheiten aus, beziehen natürliche Entwicklungen ein und<br />

kommen deshalb mit n<strong>ur</strong> wenigen Pflege-Eingriffen aus<br />

Ahornblatt-<strong>Garten</strong>planungen gehen von den Gegebenheiten aus, die im jeweiligen <strong>Garten</strong> vorzufinden sind.<br />

Übriggebliebene Steine und Bauschutt werden nicht auf die Deponie gefahren, sondern zu Steinhaufen<br />

zusammengetragen, auf denen sich dann wunderschöne Trockenstandorte gestalten lassen. Tiefergelegene<br />

Stellen im <strong>Garten</strong> bzw. solche mit verdichtetem Boden werden mit feuchtigkeitsliebenden Pflanzenarten<br />

bepflanzt, ggf. wird noch das Regenwasser gezielt dorthin geleitet.<br />

Selbstverständlich ist, wie oben schon gesagt, daß in Ahornblatt-Gärten standortgerechte heimische<br />

Pflanzen verwendet werden - die beste Gewähr für eine organische Entwicklung des <strong>Garten</strong>s ohne<br />

"Explosionen" nichtheimischer Arten und Sorten und somit für dauerhafte Pflegeleichtigkeit.<br />

In unseren Gärten ist der Mensch Planer und Beobachter zugleich. Das bedeutet zum Beispiel ganz greifbar,<br />

daß wild aufgehende Pflanzen wie das Gemeine Leinkraut (Linaria vulgaris), die Gemeine Nelkenw<strong>ur</strong>z<br />

(Geum <strong>ur</strong>banum) oder der Acker-Gauchheil (Anagallis arvensis) nicht gleich als "Feinde" der <strong>ur</strong>sprünglichen<br />

<strong>Garten</strong>planung gejätet werden, sondern Bleiberecht haben: Sie stören nicht, weil sie nicht lästig werden, und<br />

bieten kostenlosen Zusatzschmuck.<br />

Die besten Einfälle hat oft die <strong>Nat</strong><strong>ur</strong> selbst, z. B. wenn sich die Kornrade mit ihren p<strong>ur</strong>p<strong>ur</strong>farbenen Blüten auf<br />

einmal in einem ganz anderen <strong>Garten</strong>teil ansiedelt, mitten zwischen den gelben Blütenkronen des<br />

Kopfginsters. Besser hätte das kein Planer gestalten können! In unseren Gärten lassen wir solche<br />

Entwicklungen zu, "dulden" und fördern dynamische Entwicklungen, auch wenn wir sie nicht selbst geplant<br />

haben, und greifen n<strong>ur</strong> vorsichtig und gezielt ein z.B. d<strong>ur</strong>ch das Jäten bestimmter unerwünschter Beikräuter<br />

oder aufgehender Gehölzsämlinge.<br />

Eine solche "beobachtende" Beschäftigung mit dem <strong>Garten</strong> hat schon so manchem <strong>Garten</strong>besitzer als Ersatz<br />

für die stupiden Mäh-, Schnitt-, Hack- und Jät-Arbeiten eine wachsende Freude an und Kenntnis der<br />

heimichen Tier- und Pflanzenwelt gebracht und ganz neue Sinnes- und Lebensdimensionen eröffnet.<br />

Auch beim Thema Pflanzenschutz gilt es in der Regel, einfach ein bißchen Geduld zu haben und ruhig zu<br />

bleiben. Den "Schädlingen", auch wenn sie manchmal in beängstigenden Massen auftreten können, folgen<br />

meist schon nach k<strong>ur</strong>zer Zeit die Nützlinge und sorgen wieder für das notwendige Gleichgewicht, das seit<br />

langer Zeit eingespielt ist. <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>gärten sind eben nicht zuletzt d<strong>ur</strong>ch ihren hohen Besatz an Kleintieren ein<br />

vollständiges ökologisches System mit eingespielten Regeln und Abläufen.<br />

Im übrigen leben unsere heimischen Pflanzen auch seit Urzeiten mit solchen Schädlings-"Angriffen", haben<br />

oft ganz überraschende Strategien entwickelt (wie z. B. die Bildung von Bitterstoffen im neuen Laubaustrieb<br />

nach dem Abfressen des alten) oder aber werden zumindest nicht ernsthaft geschädigt. Eine Ausnahme gilt<br />

hier mangels ökologischer Anpassung natürlich für den "Feuerbrand" und die anderen Krankheiten, Pilze und<br />

5


Schädlinge, die im Zuge des ungehemmten weltweiten Pflanzenaustauschs aus allen Erdteilen auch nach<br />

Mittele<strong>ur</strong>opa eingeschleppt w<strong>ur</strong>den und hier nicht n<strong>ur</strong> für die Ertrags-Landwirtschaft eine ernsthafte<br />

Bedrohung darstellen.<br />

Ahornblatt-<strong>Nat</strong><strong>ur</strong>gärten leben nicht vom schnellen "Effekt", sondern nachhaltiger Eigen-Entwicklung<br />

Nachhaltige Entwicklung fängt ganz trivial mit den richtigen Pflanzabständen an, etwa zum<br />

Nachbargrundstück und z<strong>ur</strong> Nachbarpflanze: Maßstab ist der langfristige Platzbedarf der jeweiligen Art oder<br />

Sorte. Das kann zwar dazu führen, daß die künftige Sichtschutzhecke aus Großsträuchern aus der Sicht der<br />

<strong>Garten</strong>besitzer zunächst beängstigende Lücken aufweist (was sich im wahrsten Sinne des Wortes in der<br />

Regel aber schnell "auswächst"), bedeutet aber auch, daß sich alle Pflanzen unbedrängt gut entfalten<br />

können – und deshalb wiederum keine große Pflege brauchen.<br />

Dazu gehört auch, daß vor der Pflanzung der Boden sorgfältig von W<strong>ur</strong>zeln befreit und etwaige vorhandene<br />

Grasnarbe großzügig (d.h. in der Regel bis 1 m vor den Pflanzlöchern) abgestochen und nicht n<strong>ur</strong><br />

untergefräst wird. Das mag zwar auf den ersten Blick bezüglich des "Platzverbrauches" übertrieben scheinen,<br />

bewirkt aber, daß die jungen Sträucher einen Vorsprung vor dem Gras haben, sich schnell die erwünschte<br />

Heckenbegleitflora einstellen kann und sich auch aus diesem Grund wieder unnötige Pflegeeingriffe<br />

vermeiden lassen. Offener Boden um neugesetzte Sträucher herum läßt sich auch d<strong>ur</strong>ch die Einsaat<br />

einjähriger Pflanzen oder die Bepflanzung mit Bodendeckern pflegeleicht "in den Griff" bekommen.<br />

Ebenfalls trivial, aber bei weitem nicht selbstverständlich ist es, vor der Planung die künftigen<br />

Nutzungswünsche und Vorstellungen der <strong>Garten</strong>besitzer sorgfältig zu erfragen und diese dann in der<br />

Planung und Gestaltung zu berücksichtigen. Wenn z. B. Fenster im Erdgeschoß freibleiben sollen, gehören<br />

dort keine Mittel- und Großsträucher hin, sondern eben n<strong>ur</strong> solche Pflanzen, die in ihrer Endwuchshöhe bis<br />

z<strong>ur</strong> Fensterbank reichen. Und ist z. B. wegen der nachbarschaftlichen Verständigung eine niedrigbleibende<br />

Hecke gewünscht, werden dafür eben Kleinsträucher bzw. Zwergformen von Mittel- und Großsträuchern<br />

verwendet, so daß die Hecke klein und völlig schnittfrei bleibt. Wenn in einem kleinen <strong>Garten</strong> ein Baum<br />

stehen soll, wird kein großkroniger Baum gepflanzt, der in einigen Jahren dann das Haus bedrängt, alles<br />

Licht nimmt und dann entweder geschnitten oder aber sogar gerodet werden muß, sondern eben ein<br />

kleinkroniger wie z. B. die Blumenesche (Fraxinus ornus, für wärmere Lagen), Mehlbeere (Sorbus aria),<br />

Eberesche (Sorbus aucuparia) oder ein kleinwüchsiger Obstbaum. Wird eine schmale, aber trotzdem hohe<br />

Hecke gewünscht, ist die Alternative z<strong>ur</strong> 08/15-Hainbuchen- oder Liguster-Formschnitt-Hecke eine<br />

(schnittfreie) Hecke aus schmalwüchsigen Sorten heimischer Gehölze.<br />

Pflegegrundsätze, Pflegeberatung und <strong>Garten</strong>tage<br />

Aus all dem Gesagten ergeben sich - ergänzt d<strong>ur</strong>ch ein Pflegeberatungsangebot und regelmäßige<br />

"<strong>Garten</strong>tage" mit Fortbildung und Erfahrungsaustausch - folgende Pflegegrundsätze für Ahornblatt-Kunden:<br />

Ein nat<strong>ur</strong>naher <strong>Garten</strong> verlangt eine gänzlich andere Pflege als ein herkömmlicher <strong>Garten</strong>.<br />

Faustregel:<br />

Im Zweifelsfall eher dulden statt eingreifen.<br />

Nachdem die Pflanzen ungefähr zwei Jahre Zeit zum Anwachsen hatten,<br />

beschränken sich pflegerische Eingriffe in den <strong>Garten</strong> auf:<br />

Entfernung unerwünschter Gehölzsämlinge<br />

- gezielte Entfernung bestimmter „Unkräuter“<br />

- Wiesenmahd (1-2 x jährlich) mit Entfernung des Mähgutes<br />

Sonst sollten Sie nichts tun, sondern Ihren <strong>Garten</strong> einfach genießen.<br />

Das bedeutet unter anderem Verzicht auf:<br />

6


- Hacken oder Umgraben des Bodens<br />

- Jäten unbekannter Wildkräuter<br />

- Gehölz-Formschnitte<br />

- Abschneiden abgestorbener Staudenteile<br />

- Entfernung von Laub und Altholz<br />

- Düngung<br />

Alles in allem also wirklich ein <strong>Garten</strong>konzept mit viel Spaß und wenig Aufwand!<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong>pflege – Erfahrungen aus 20 Jahren Arbeit<br />

Gärtnermeister Peter Richard, Geschäftsführer der Winkler und Richard AG, CH-Wängi.<br />

<strong>Garten</strong>pflege – der Kampf gegen die <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><br />

Der <strong>Garten</strong> ist Ort der Erholung und Entspannung. Ein Refugium, wo man seine Seele<br />

baumeln lassen kann. Wenn man sich in der Schweiz oder Deutschland Gärten<br />

anschaut, hat man allerdings bei den wenigsten das Gefühl, das sich die Menschen<br />

darin entspannen. Anhaltende harte Arbeit und der Kampf gegen Ungeziefer und<br />

Unkraut stehen im Vordergrund. Bäume und Sträucher werden dauernd gestutzt, damit<br />

sich keine wilde Form entwickeln kann. Beim Wort <strong>Garten</strong>pflege kommt vielen das<br />

Kindheitstrauma von stundelangem Strafjäten in den Sinn. Dazu gibt es unzählige<br />

Bücher, die sogenannte Tricks und Tipps verraten, wie die mühsame <strong>Garten</strong>arbeit<br />

erträglicher und der Kampf gegen die <strong>Nat</strong><strong>ur</strong> taktisch besser geführt werden könne.<br />

Der verzweifelte Schrei nach einem pflegeleichten <strong>Garten</strong> hallt d<strong>ur</strong>ch Dörfer und Städte.<br />

Sind <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>gärten pflegeleicht?<br />

Zu Beginn der <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong>bewegung w<strong>ur</strong>den <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>gärten als pflegeleichte Gärten<br />

angepriesen. Sind <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>gärten wirklich pflegeleicht, oder war das n<strong>ur</strong> ein Märchen? Die<br />

Beantwortung dieser Frage hängt von verschiedenen Kriterien ab. Die Ansprüche und<br />

die Einstellung der <strong>Garten</strong>besitzer und damit die Gestaltung des <strong>Garten</strong>s gehören zu<br />

den wichtigsten Faktoren. Leider sind die Ansprüche oft einiges höher als die<br />

Bereitschaft die notwendige Zeit zu investieren.<br />

Blumengärten mit alten Duftrosen sind z<strong>ur</strong> Zeit im Trend. Die wenigsten <strong>Garten</strong>besitzer<br />

sind sich bewusst, wie viel Zeit investiert werden muss, um einen solchen <strong>Garten</strong>teil<br />

biologisch zu pflegen, oder welche finanziellen Mittel notwendig sind, um den <strong>Garten</strong><br />

von Fachleuten pflegen zu lassen.<br />

Eine der wichtigsten Aufgaben des <strong>Garten</strong>gestalters ist zu Beginn herauszufinden,<br />

welche Vorstellung die zukünftigen <strong>Garten</strong>besitzer haben und wie viel Zeit Sie in die<br />

<strong>Garten</strong>pflege investieren möchten, oder welche finanziellen Mittel sie aufwenden<br />

möchten, um den <strong>Garten</strong> pflegen zu lassen. Gleichzeitig muss der Fachmann seine<br />

Kunden ehrlich über die anfallenden <strong>Garten</strong>arbeiten aufklären und wenn möglich Hilfen<br />

anbieten können.<br />

Aikido im <strong>Garten</strong> – der respektvolle Umgang mit der <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><br />

Aikido ist eine Kampfsportart. Die Philosophie des Aikido ist es, die Energie des<br />

Partners zu erfassen, sie zu transformieren und für die eigenen Ziele zu nutzen. In<br />

7


dieser Art stelle ich mir die Pflege des <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong>s oder auch den Umgang mit<br />

unseren Lebensgrundlagen überhaupt vor.<br />

Leider hören wir mittlerweile gar nicht mehr hin, wenn die <strong>Nat</strong><strong>ur</strong> zu uns spricht. Wir<br />

denken, Überschwemmungen, Stürme oder andere <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>katastrophen sind normal und<br />

waren schon immer da. Stimmt das wirklich? Noch fataler scheint mir der Gedanke,<br />

dass wir alle diese Probleme mit technokratischen Lösungen beheben können.<br />

Sind es nicht diese immer aufwendigeren technischen „Lösungen“, die uns immer<br />

weiter ins Verderben stürzen?<br />

Wie handeln wir in der Regel, wenn wir auf unserem Zwetschgenbaum Blattläuse<br />

entdecken? Wir überlegen uns, mit welchem Mittel wir die Biester von unserem<br />

Fruchtbaum kriegen. Krankheiten, Schädlinge und Probleme werden weggespritzt,<br />

ausgemerzt, bekämpft und ausgerottet. Sind damit die Probleme wirklich behoben?<br />

Der erste Schritt z<strong>ur</strong> nat<strong>ur</strong>gerechten Pflege findet im Kopf statt. Wir brauchen eine<br />

andere Einstellung z<strong>ur</strong> <strong>Nat</strong><strong>ur</strong> und ihrem Zeitplan. Erst d<strong>ur</strong>ch den Einbezug der<br />

natürlichen Dynamik und dem Respekt vor den Vorgängen in der <strong>Nat</strong><strong>ur</strong> können wir<br />

überhaupt offen genug werden, um mit der <strong>Nat</strong><strong>ur</strong> in unserem <strong>Garten</strong> zu arbeiten.<br />

Pflege in die Gestaltung einbeziehen<br />

Der Pflegeaufwand für einen <strong>Garten</strong> wird weitgehend bei der Gestaltung bestimmt.<br />

Artenreiche Wildstaudengärten brauchen mehr Zeit und Zuwendung als groszügige mit<br />

Flächen, die zweimal im Jahr gemäht werden. Pflegeleichte Gärten orientieren sich<br />

weitgehend an vorhandenen Verhältnissen. Pflanzungen und Saaten richten sich nach<br />

der Bodenbeschaffenheit, Licht- und Feuchtigkeitsverhältnissen, die der Ort vorgibt.<br />

Eine genaue Untersuchung des Ortes ist unabdingbar. Je näher wir uns mit der<br />

Gestaltung und Auswahl der Lebensräume der natürlichen Umgebung anpassen, desto<br />

pflegeleichter wird ein <strong>Garten</strong>. Grosflächige Saaten oder Pflanzungen mit weniger<br />

Artenreichtum geben weniger Arbeit. Wichtig ist auch die Einstellung der<br />

<strong>Garten</strong>besitzer. Wer sich einen pflegeextensiven <strong>Garten</strong> wünscht, muss mehr<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong>dynamik zulassen können und weniger fixe Bilder im Kopf haben. Artenreiche<br />

Wildstaudenflächen insbesondere, wenn sie nährstoffreich sind, müssen intensiv<br />

gepflegt werden, wenn man über Jahre die Artenvielfalt erhalten will. Viel Zuwendung<br />

brauchen Zier- und Bauerngärten mit Strauchrosen, Rittersporn und Staudenphlox.<br />

Neben regelmassigem jäten, muss z<strong>ur</strong>ückgeschnitten, gestützt, gedüngt und geteilt<br />

werden. Die Auswahl von robusten und erprobten Sorten ist bei Zier- und Nutzpflanzen<br />

selbstverständlich, wenn man später auf den Einsatz von Pestiziden verzichten will. Die<br />

Pflege muss bereits beim ersten Gespräch nachgefragt werden. Wie viel Zeit oder Geld<br />

wollen die zukünftigen „Gärtner“ in ihren <strong>Garten</strong> investieren. Diese Aussage entscheidet<br />

neben Wünschen und Rahmenbedingungen über die Gestaltung eines <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong>s.<br />

8


Ein <strong>Garten</strong> ohne Pflege? <strong>Garten</strong>pflege im nat<strong>ur</strong>nahen <strong>Garten</strong><br />

Dipl. Ing. agr. Tjards Wendebo<strong>ur</strong>g, <strong>Garten</strong>planer der Planungsgruppe Digitalis<br />

und <strong>Garten</strong>berater bei CONNATUR, Planungsgruppe Digitalis, <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong> e.V. Hannover<br />

<strong>Garten</strong>pflege ist für Viele ein Reizthema. Schon manche Nachbarschaft ist an der<br />

<strong>Garten</strong>pflege zerbrochen.<br />

Denn <strong>Garten</strong>pflege ist Weltanschauung.<br />

Während es für die Einen vorrangig darum geht, den <strong>Garten</strong> sauber zu halten und damit<br />

Ordnungsliebe als Ideal nach außen zu tragen, möchten Andere und darunter viele<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong>freunde d<strong>ur</strong>ch die ungestörte Entwicklung von <strong>Nat</strong><strong>ur</strong> vor der Haustür einen<br />

idealen Lebensraum schaffen.<br />

Jedoch, was die einen zuviel machen, machen die Anderen oft zu wenig, denn um die<br />

Eingangsfrage zu beantworten: Nein, kein <strong>Garten</strong> kommt ohne Pflege aus. Es sei denn,<br />

auch ein Wald wird von den <strong>Garten</strong>nutzern als <strong>Garten</strong> akzeptiert.<br />

Bei der Frage nach dem Maß an <strong>Garten</strong>pflege ist es deshalb wichtig, die Diskussion zu<br />

versachlichen und sich der Frage zu widmen, wieviel Pflege, für welches <strong>Garten</strong>bild<br />

notwendig ist.<br />

Die Frage eines Kunden vor jeder <strong>Garten</strong>planung, wieviel Pflege der <strong>Garten</strong> erfordert,<br />

ist sicherlich verständlich. Im Gegenzug muß der Planer herausfinden, welche<br />

Vorstellungen seine Gegenüber vom zukünftigen <strong>Garten</strong> haben. Auf dieser Basis erst<br />

lassen sich dann Aussagen z<strong>ur</strong> Pflegeintensität machen, denn je weiter das<br />

gewünschte Ziel von den natürlichen Gegebenheiten (Bodenbeschaffenheit, Klima,<br />

potentiell natürliche Vegetation) entfernt ist, desto höher ist der Pflegeaufwand. Darüber<br />

hinaus läßt sich Pflegeaufwand auch vom Beginn an einplanen. Einerseits können<br />

Pflanzenauswahl und Materialien auf die Pflegeanforderungen abgestimmt werden,<br />

andererseits lassen sich die Erwartungen auch argumentativ beeinflussen. Denn viele<br />

Bilder werden gerade beim <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong> von Vor<strong>ur</strong>teilen geprägt und verlieren vor dem<br />

Hintergrund sachlicher Argumente an Schärfe.<br />

In erster Linie entscheidet schon die grobe Einteilung des <strong>Garten</strong>s in Gestaltungs- und<br />

Funktionsräume bzw. deren Ausprägung über die Pflegeintensität. Nutz<strong>garten</strong>bereiche,<br />

Scherrasen, Wasserbecken und Prachtstaudenbeete benötigen grundsätzlich mehr<br />

Pflege als Gehölzpflanzungen, Wiesen, Teichflächen und Wildstaudenbereiche. Aber<br />

auch hier entscheidet erst die Ausprägung einer bestimmten Fläche über die<br />

Pflegeintensität: darf der Scherrasen Kräuter und Moos enthalten, benötigt er weniger<br />

Pflege, wie der „Englische Rasen“. Beetrosen brauchen mehr Betreuung als Strauchoder<br />

Wildrosen. Und wenn als „Prachtstauden“ standortgerechte heimische Stauden<br />

verwendet werden, sind die Anforderungen an die Pflege ebenfalls geringer. Entgegen<br />

aller Vor<strong>ur</strong>teile gehören <strong>Garten</strong>teiche zu den pflegeleichtesten Bereichen einer<br />

<strong>Garten</strong>anlage.<br />

Die Pflanzenauswahl und die Berücksichtigung der Boden- und Konk<strong>ur</strong>renzverhältnisse<br />

(zwischen in den <strong>Garten</strong> eingeführten Pflanzen und spontan auftretender Vegetation,<br />

wie Giersch, Schachtelhalm, Quecke etc.) sind wichtige Kriterien für das Maß an Pflege.<br />

Denn nicht Standort gerechte Pflanzen sind gegenüber der potentiell natürlichen<br />

9


Vegetation in ihrer Wuchskraft unterlegen und benötigen einen hohen Pflegeaufwand,<br />

um vor Verdrängung geschützt zu werden. Solche Pflanzen sind schon dad<strong>ur</strong>ch<br />

pflegeintensiv, daß sie d<strong>ur</strong>ch erforderliche Standortanpassungsmaßnahmen, wie<br />

Bewässerung, Düngung und anderer Meliorationsmaßnahmen (z.B. Kalkung),<br />

überhaupt erst zu befriedigendem Wachstum veranlaßt werden müssen.<br />

Standortgerechte und damit konk<strong>ur</strong>renzstarke Arten minimieren dagegen den<br />

Pflegeaufwand. Sie verlangen weder Düngung noch Bewässerung und bilden im Laufe<br />

der Zeit starke Bestände, welche die Ausbreitung nicht erwünschter Arten unterdrücken.<br />

Um den Artenreichtum solcher Pflanzungen zu erhöhen, lassen sich die verwendeten<br />

Arten mit Geophyten verbinden, welche für Leben in den ersten Monaten des<br />

<strong>Garten</strong>jahres sorgen.<br />

Grundsätzlich helfen Mulchabdeckungen den Pflegeaufwand frischer Pflanzungen zu<br />

reduzieren. Dabei darf nicht vergessen werden, daß Mulch nicht als Ersatz für das<br />

sorgfältige Beseitigen von Giersch, Quecke und anderen „W<strong>ur</strong>zelunkräutern“ stehen<br />

kann. Derartige Kräuter werden d<strong>ur</strong>ch das Mulchen eher gefördert. Die Beseitigung wird<br />

d<strong>ur</strong>ch die Mulchschicht erschwert. Beides erhöht den Pflegeaufwand.<br />

Pflege der Einbauten<br />

Ein weiterer Aspekt der Pflegeintensität eines <strong>Garten</strong>s ist der Pflegebedarf der<br />

baulichen Komponenten. Die Minimierung des dafür anfallenden Pflegeaufwandes<br />

würde ich als konstruktive Pflegereduktion bezeichnen. Angefangen von der Wahl<br />

geeigneter Materialien (heimische Harthölzer, Edelstahl, lebende Baustoffe, <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>stein<br />

etc.) bis hin zum verwitterungsgeschützten Einbau einzelner Bauteile (z.B. Holz) läßt<br />

sich der Pflegeaufwand einer <strong>Garten</strong>anlage schon im Vorfeld beeinflussen. Wichtig ist<br />

dabei nicht n<strong>ur</strong> der Schutz vor Verfall und Verlust der Funktion, sondern auch die<br />

Berücksichtigung der Tatsache, wie sich Alterungsprozesse optisch an Materialien<br />

bemerkbar machen. Baustoffe wie <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>stein oder Klinker können mit der Patina der<br />

Alterung d<strong>ur</strong>chaus gewinnen, während Betonbeläge, gefaste Klinker und<br />

Metallbauelemente zumeist optisch an Qualität verlieren. Wer dagegen Moose und<br />

Flechten gezielt einplant und das Material darauf abstimmt, spart nicht n<strong>ur</strong> Pflege,<br />

sondern erzielt zudem auch noch besondere (und schwer zu reproduzierende) Effekte.<br />

Weiterhin läßt sich festhalten, daß architektonische Formen mehr Pflege brauchen, als<br />

organische, denn auch hier gilt: je natürlicher, je pflegeleichter.<br />

Grundsätzlich muß man zwischen Fertigstellungspflege und Erhaltungspflege<br />

unterscheiden. Während die Pflege der Pflanzungen nach der Fertigstellung bis z<strong>ur</strong><br />

Bildung einer stabilen Pflanzengemeinschaft relativ hoch ist und danach auf ein<br />

niedriges Niveau herabsinkt, kann der Pflegebedarf baulicher <strong>Garten</strong>elemente d<strong>ur</strong>chaus<br />

zunehmen. Dann jedenfalls, wenn bei der konstruktiven Pflegereduktion nicht gründlich<br />

geplant w<strong>ur</strong>de.<br />

Anderseits hat <strong>Garten</strong>pflege auch d<strong>ur</strong>chaus einen meditativen Effekt. Denn entgegen<br />

der Beteuerung der meisten <strong>Garten</strong>besitzer in spe, sie würden <strong>Garten</strong>arbeit hassen<br />

oder sich zumindest ungern damit beschäftigen, nehmen viele im Laufe der Jahre<br />

d<strong>ur</strong>chaus gerne Werkzeug in die Hand. Wenn die Arbeitsgänge nicht mehr als Zwang<br />

empfunden werden, bietet <strong>Garten</strong>arbeit auch Zeit der Muße und der Entspannung.<br />

Essentiell dabei ist natürlich, daß nicht Ordnungswahn, sondern die Liebe z<strong>ur</strong> <strong>Nat</strong><strong>ur</strong> und<br />

die Arbeit an einem <strong>Garten</strong>traumbild Antriebsfedern für die <strong>Garten</strong>pflege sind.<br />

10


Für die Zukunft wird es ein wichtiges Ziel sein, <strong>Garten</strong>pflege in den Kontext der<br />

Entwicklung bestimmter <strong>Garten</strong>bilder zu stellen und die Entwicklung auch für andere<br />

Menschen plausibel zu machen. Dazu gehört auch der Abbau von Vor<strong>ur</strong>teilen rund um<br />

eine Vielzahl unsinniger bzw. unnötiger Pflegemaßnahmen, wie z.B. das Offenhalten<br />

des Bodens, das Entfernen des Herbstlaubes und das K<strong>ur</strong>zhalten des Rasens.<br />

Gleichzeitig müssen althergebrachte Ordnungsideale hinterfragt und geistige Mauern<br />

eingerissen werden. Nichts steht der Ausbreitung der <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong>idee schließlich mehr<br />

im Wege, als einerseits die Angst vieler <strong>Garten</strong>besitzer, Nachbars <strong>Garten</strong>kräuter<br />

könnten die eigenen Sauberkeitsideale überrollen und anderseits die F<strong>ur</strong>cht, ein<br />

„unordentlicher“ <strong>Garten</strong> würde das Ansehen in der Nachbarschaft negativ<br />

beeinträchtigen.<br />

<strong>Garten</strong>pflege sollte so gestaltet sein, daß die Ängste abgebaut werden, ohne daß das<br />

Wunschbild Schaden nimmt. Das ist am ehesten mit einer ausgewogenen Mischung<br />

aus heimischen und anderen standortgerechten Arten und einer Kombination aus<br />

architektonischen und organischen Gestaltungselementen zu erreichen.<br />

Während des Workshops versuchen wir ein Informationsblatt über den Pflegebedarf<br />

eines <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong>s zu entwickeln, welches in die Informationsbibliothek der<br />

CONNATUR-Netzseite aufgenommen wird.<br />

http://www.pg-digitalis.de<br />

http://www.connat<strong>ur</strong>.de<br />

NATUR-ERLEBNIS-RÄUME MIT BENUTZERN KOSTENGÜNSTIG<br />

UND EFFEKTIV PFLEGEN. ANREGUNGEN AUS DER PRAXIS.<br />

Dr. Reinhard Witt, Biologe und Jo<strong>ur</strong>nalist, Vorstand <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong> e.V., Ottenhofen<br />

Im Vergleich zum konventionellen Grün mit Bodendeckern, Sch<strong>ur</strong>rasen oder<br />

fremdländischen Gehölzen bleibt die Pflege bei nat<strong>ur</strong>nahen Anlagen gering und kann<br />

deswegen meist von Schule als Teil des praktischen Unterrichts mit übernommen<br />

werden. Auch die Betreuerinnen des Kinder<strong>garten</strong>s können diese Arbeiten zusammen<br />

mit ihren Kindern leisten. An einem Pflegetag mit Eltern lassen sich grössere oder<br />

anspruchsvollere Arbeiten d<strong>ur</strong>chführen. Etwas schwieriger ist es auf öffentlichen<br />

Spielplätzen. Falls sich hier keine verantwortlichen Eltern finden, muß die Pflege vom<br />

Betreiber mit übernommen werden.<br />

Zu unterscheiden ist eine Entwicklungspflege, die während der ersten 2-3 Jahre<br />

gewährleistet sein muß, damit die Arten sich optimal entfalten können. Sie wird von der<br />

Dauerpflege abgelöst, die sich am aktuellen Bewuchs orientiert.<br />

Z<strong>ur</strong> Entwicklungspflege gehören:<br />

• Das Feuchthalten frischer Ansaaten in den ersten sechs Wochen, falls im Sommer<br />

gesät w<strong>ur</strong>de.<br />

• Abrechen von Fadenalgen aus <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>teichen<br />

11


• 1 bis 2malige Pflegeschnitte der Wiesen im Ansaatjahr, um spontan aufkommende<br />

unerwünschte Ackerunkräuter wie Melde und Gänsedisteln zu unterdrücken.<br />

• Hinzu kommt das Freimähen langsamwüchsiger Gehölze in den Hecken und<br />

Einzelstandorten.<br />

• Auch das Jäten spontan auftretender ein- und mehrjähriger Unkräuter in<br />

Wildblumenbeeten ist wichtig<br />

Z<strong>ur</strong> Dauerpflege gehören:<br />

• Jäten konk<strong>ur</strong>renzstarker Gräser, von Löwenzahn, Brennesseln, Disteln, Wegerich<br />

oder sich zu stark ausbreitender Wildblumen vor allem auf den Trockenstandorten.<br />

• Entfernung von angeflogenen Baumsämlingen wie Weiden, Birken, Ahorn, Pappeln,<br />

Kiefern<br />

• Zweimalige Mahd der nährstoffreichen Wildblumenwiese im Juni und September,<br />

einmalige Mahd der mageren Wiesen im September/Oktober. Abtransport des<br />

Mähgutes. D<strong>ur</strong>ch Wiesen laufende Rasenwege müssen 4-6mal im Jahr gemät<br />

werden.<br />

• Nährstoffreiche Blumenrasen sind 4-6mal jährlich zu mähen, magere Blumenrasen<br />

dagegen so gut wie nie.<br />

• Die Wildblumensäume in und vor den Hecken müssen maximal einmal jährlich im<br />

September/Oktober, minimal einmal alle 2 bis 3 Jahre gemäht werden. Das Mähgut<br />

ist jeweils abzutransportieren.<br />

• Falls Hecken und Einzelgehölze zu groß werden, sollten sie im Herbst/Winter<br />

z<strong>ur</strong>ückgenommen werden.<br />

• Abschneiden vertrockneter Stengel und Samenstände in den Wildblumenbeeten im<br />

Herbst, zu Jahresbeginn oder im Frühjahr – je nach Standort.<br />

• Umbrechen von Pionierstandorten in regelmäßigen Abschnitten.<br />

• Zu Jahresbeginn muß Herbstlaub aus <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>teichen gerecht werden. Alle paar Jahre<br />

sind wuchende Pflanzen zu reduzieren.<br />

• Wildblumendächer: Entfernen von Baumkeimlingen und Abschneiden der trockenen<br />

Stengel im März. Rein mineralische Substrate eventuell nachdüngen.<br />

Pflege mit Fachberater für <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>-Erlebnis-Räume<br />

Da die Pflege solcher Wildpflanzen-Biotope auf dem Gelände spezielle Kenntnisse<br />

erfordert, erfolgt die Entwicklungspflege unter fachlicher Anleitung des Grünplaners. An<br />

je zwei <strong>Tage</strong>n in den ersten zwei bis drei Jahren (Frühsommer, Spätsommer) arbeitet er<br />

Hausmeister, Schülergruppen, Lehrer, Erzieherinnen oder Eltern ein. Ein Grundprinzip<br />

nat<strong>ur</strong>naher Pflege lautet hierbei: Jäte n<strong>ur</strong> das, was Du kennst. Da die<br />

Wildpflanzenkenntnisse heute nicht mehr breit gestreut sind, sind Hilfestellungen<br />

sinnvoll. Der <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong> e.V. hält hierzu eine Liste von Fachleuten bereit, die d<strong>ur</strong>ch<br />

Fortbildungen in <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>-Erlebnis-Räumen ihre fachliche Kompetenz unter Beweis gestellt<br />

haben. Sie können auch für die Pflegebetreuung eingesetzt werden.<br />

Nach den ersten zwei bis drei Jahren wird sich die Dauerpflege eigenständig fortführen<br />

lassen. N<strong>ur</strong> gelegentlich wird der Pflegeberater noch zu Rate gezogen. Die<br />

kontinuierliche Pflege über viele Jahre hat einen gewünschten pädagogischen Effekt.<br />

Sie bindet auch nachrückende Kinder und Jugendliche aktiv in die Erhaltung des <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>-<br />

12


Erlebnis-Grüns ein, bewahrt also vor Vandalismus und Distanz. Aus diesen Gründen<br />

sollten Schule oder Kinder<strong>garten</strong> auch dann wenigstens einen Teil der Anlage pflegen,<br />

wenn die Gemeinde/Stadt oder der Sachaufwandsträger die komplette Pflege<br />

übernehmen könnte.<br />

Verteilung auf viele Schultern<br />

Bewährt hat sich bislang auf den bayerischen <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>-Erlebnis-Schulhöfen vor allem das<br />

Konzept der Klassen-Patenschaften. Hierzu wird das Schulgelände in so viele kleinere<br />

Bereiche unterteilt, wie Klassen an der Schule sind. Jede Klasse übernimmt einen<br />

vorher bestimmten Bereich, den sie verantwortlich auch über mehrere Jahre betreut.<br />

Ein typischer Pflegetag sieht dann so aus:<br />

• Der Schulleiter hat im Vorfeld einen Pflegeplan erstellt und die Klassen/Lehrer<br />

eingeteilt.<br />

• Anreise des Pflegeberaters um 8.00 Uhr zu Schulbeginn<br />

• In viertel- oder halbstündigen Intervallen kommen nun die Klassen mit ihrem<br />

Klassenlehrer zu „ihren“ Flächen.<br />

• Der Pflegeberater erklärt, warum und wie heute gearbeitet werden muß.<br />

• Von jeder der zu jätenden Arten wird je eine Beispielpflanze ausgestochen. Falls<br />

möglich, erzählt der Pflegeberater hierzu eine Geschichte z<strong>ur</strong> Pflanze (über Namen,<br />

Verbreitung, etc.)<br />

• Ein Kind bekommt diese Pflanze und den Auftrag, sich den genannten Namen zu<br />

merken. Der KlassenlehrerIn macht zusätzlich Notizen.<br />

• Je nach Entwicklungszustand und Verunkrautung kommen so in den Händen der<br />

Kinder zwischen 10-25 Arten pro Pflegefläche zusammen.<br />

• Die Klasse begibt sich in den Unterrichtsraum und trocknet die Pflanzen zwischen<br />

Altpapier und schweren Büchern.<br />

• Die beschrifteten Pflanzen werden später im Rahmen einer Ausstellung in der<br />

Klasse oder im Forum aufgehängt.<br />

Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, daß keiner (auch nicht der Pädagoge) mit der<br />

Vielzahl der Arten und Namen überfordert wird. Der Klassenlehrer hat mit den<br />

getrockneten Pflanzen die Möglichkeit, zu einem späterem Zeitpunkt hinauszugehen,<br />

die Pflanzen zu erkennen und mit der Klasse zu arbeiten.<br />

Falls genügend Zeit besteht, kann eine Klasse auch direkt am Pflegetag jäten. Dazu<br />

müssen sie aber Unkrautstecher mitbringen, um die langen W<strong>ur</strong>zelunkräuter wie Disteln<br />

und Löwenzahn auszustechen. Hacken sind hierfür ungeeignet, als Ersatz eignen sich<br />

große Schlitzschraubenzieher. Als weiteres Werkzeug sind Sammeleimer für das<br />

Unkraut und Schubkarren z<strong>ur</strong> Abfuhr nützlich.<br />

Pflege mit jüngeren Kindern<br />

Gerade Grundschulklassen verlieren bei größeren Flächen nach einer halben Stunde<br />

die Lust am Jäten. Auch zu große Klassen sind oft wenig hilfreich. In solchen Fällen<br />

kann man das Jäten an einem anderen Tag fortführen. Noch besser ist allerdings der<br />

Einsatz einer freiwilligen Eltern-Schüler-Gruppe am Nachmittag des Pflegetags, an dem<br />

noch unter Anleitung des Pflegeberaters effektiv und möglichst vollständig gearbeitet<br />

wird. Je sauberer die Jätd<strong>ur</strong>chgänge in den ersten zwei bis drei Jahren verlaufen, um<br />

13


so optimaler wird sich die Pflanzung/Ansaat entwickeln. In den Folgejahren gehen die<br />

Jätarbeiten sowieso stark z<strong>ur</strong>ück.<br />

Bleiben Restarbeiten, die n<strong>ur</strong> mit Maschinen zu erledigen sind (Motorsense,<br />

Balkenmäher, etc.) sollte die Bereitschaft der Schüler/Eltern/Lehrer nicht überstrapaziert<br />

werden. Solche Dinge erledigen die kommunalen Arbeiter in Kooperation mit der Schule<br />

am besten. Dies gilt auch für die eventuelle Abfuhr von Unkrautbergen oder Schnittgut.<br />

Dieses Pflegekonzept läßt sich auch auf Kindergärten übertragen. Auch dort können<br />

einzelne Gruppen mit ihrer Leiterin und Eltern Teile des Geländes betreuen – allerdings<br />

auch hier unter fachlicher Anleitung eines speziell ausgebildeten Fachberaters für<br />

Wildpflanzen bzw. <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>-Erlebnis-Räume. Bei öffentlichen Spielplätzen erfolgt die<br />

Pflege unter fachlicher Einweisung mit den entsprechenden kommunalen<br />

Arbeitskräften. Nach Möglichkeit sollte hier ein Verantwortlicher für nat<strong>ur</strong>nahes Grün<br />

benannt werden, der alle Pflegeeinsätze begleitet und später eigenständig koordiniert.<br />

Zusätzliche Qualifizierungsmaßnahmen werden über den <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong> e.V. angeboten.<br />

Im folgenden ein Überblick über Herstellungs- und Pflegekosten:<br />

Herstellungskosten bei konventionellen und<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong>-Erlebnis-Räumen im Vergleich<br />

D<strong>ur</strong>chschnittswerte der Grünflächenämter D<strong>ur</strong>chschnittswerte aus dem Bau von 15<br />

Deutschlands<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong>-Erlebnis-Räumen<br />

Ausstattung (Mittelwert)<br />

Standardausstattung mit versiegelten Gestaltete Spiellandschaft mit Hügeln und<br />

Flächen<br />

Tälern<br />

eingegrenzte Sandspielflächen<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong>nahe Wege und Plätze<br />

viele technische Spielgeräte<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong>material als Spielgerät<br />

stereotype Bepflanzung oft mit nicht- Vereinzelte technische Spielgeräte<br />

heimischen Arten<br />

Grosser Artenreichtum an heimischen<br />

wenige Pflanzenarten<br />

Stauden, Blumenwiesen, Säumen,<br />

Gehölzen<br />

Gesamtkosten pro Quadratmeter in E<strong>ur</strong>o<br />

Kindertagesstätte 54<br />

Spielplatz 52<br />

Schulanlage 46<br />

D<strong>ur</strong>chschnitt 51<br />

25<br />

31<br />

30<br />

29<br />

Kosteneinsparung d<strong>ur</strong>ch<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong>-Erlebnis-Räume: 43 %<br />

14


<strong>Nat</strong><strong>ur</strong>-Erlebnis-Räume<br />

Pflege d<strong>ur</strong>ch die Benutzergemeinschaft<br />

mit Hilfe der Eltern<br />

Beispielrechnung einer existierenden Anlage mit 3000 m² <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>-Erlebnis-Grünfläche<br />

1. und 2. Jahr 1375 E<strong>ur</strong>o<br />

3. Jahr 775 E<strong>ur</strong>o<br />

4. bis 10. Jahr 390 E<strong>ur</strong>o<br />

Jährlicher D<strong>ur</strong>chschnittpreis der Pflege für 10 Jahre für einen 3000 m² großen<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong>-Erlebnis-Raum<br />

625 E<strong>ur</strong>o<br />

Jährliche Pflegekosten/m² <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>-Erlebnis-Raum für 10 Jahre<br />

0,21 E<strong>ur</strong>o<br />

Zum Vergleich: D<strong>ur</strong>chschnittswerte der Grünflächenämter Deutschlands<br />

für konventionelle Anlagen<br />

Minimaler Unterhaltungsaufwand<br />

pro Quadratmeter und Jahr<br />

Kindergärten 0,72- 2,31 E<strong>ur</strong>o<br />

Spielplätze 1,80 E<strong>ur</strong>o<br />

Schulanlagen 0,92- 1,28 E<strong>ur</strong>o<br />

D<strong>ur</strong>chschnittswert konventionelle<br />

Pflegekosten pro Jahr/m² 1,47 E<strong>ur</strong>o<br />

Kosteneinsparung d<strong>ur</strong>ch <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>-Erlebnis-Räume:<br />

über 95 %<br />

Pflege und Wartungskosten d<strong>ur</strong>ch kommunale Bedienstete oder Firmen bei konventionellen<br />

und <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>-Erlebnis-Räumen im zehnjährigen Vergleich<br />

784 konventionelle Gerätespielplätze 261 <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>-Erlebnis-Räume<br />

Ausstattung (Mittelwert)<br />

7 Spielgeräte (Doppelschaukel, Klettergerät,<br />

Bockrutsche, Balkenwippe, Spielhaus,<br />

Kombinationsspielgerät, Sandkasten)<br />

3 Bänke, 2 Mülleimer<br />

250 m² Fallschutzsandfläche<br />

350 m² Rasenfläche<br />

200 m² Festbelag<br />

120 m Umzäunung<br />

35 Heckengehölze und 3 Bäume<br />

Gesamtkosten monatlich/jährlich<br />

15<br />

Gestaltete Spiellandschaft mit Hügeln<br />

und Tälern<br />

Gestaltete Sandbereiche<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong>material als Spielgerät<br />

Vereinzelte Spielgeräte<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong>nahe Wege<br />

Heimische Gehölze


1406 / 16870 E<strong>ur</strong>o 554 / 6650 E<strong>ur</strong>o<br />

Jährliche Kosten pro Quadratmeter<br />

21,10 E<strong>ur</strong>o 8,30 E<strong>ur</strong>o<br />

Kosteneinsparung d<strong>ur</strong>ch <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>-Erlebnis-Räume im 10 Jahres-Vergleich: 60 %<br />

Quelle: Pappler/Witt:<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong>-Erlebnis-Räume.<br />

Neue Wege für Schulhöfe, Kindergärten und Spielplätze. Gemeinsam mit Kindern,<br />

Jugendlichen und Erwachsenen planen, bauen und pflegen.<br />

Kallmeyer Verlag, Seelze <strong>2001</strong>.<br />

Literat<strong>ur</strong><br />

Pappler/Witt: <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>-Erlebnis-Räume.Neue Wege für Schulhöfe, Kindergärten und Spielplätze.<br />

Gemeinsam mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen planen, bauen und pflegen. Kallmeyer<br />

Verlag, Seelze <strong>2001</strong>.<br />

Weitere Informationen<br />

zum Thema gibt es in den Mitglieder-Rundbriefen des <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong> e.V. Die aktuelle Liste der<br />

Fachberater für <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>-Erlebnis-Räume ist über das Abruffax des <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong> e.V. oder die<br />

Bundesgeschäftstelle zu erhalten: Tel. 0190/250 256 (DM 1,21/Min).<br />

Public-Relation-Arbeit für Fachbetriebe<br />

Protokoll des Brainstormings auf den <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong>tagen <strong>2001</strong> von Dipl. Biol. Ulrike<br />

Aufderheide, Fachbetrieb für nat<strong>ur</strong>nahes Grün, D-Bonn.<br />

Am Abend des 2.2.<strong>2001</strong> fanden sich zahlreiche Teilnehmende der <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong>tage ein, um<br />

zusammenzutragen, wie eine effektive PR-Arbeit für die <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong>-Fachbetriebe<br />

aussehen könnte. In einem nachfolgenden Treffen der anwesenden Fachbetriebe w<strong>ur</strong>de das<br />

Brainstorming ausgewertet und Verabredungen über die Arbeit des Jahres <strong>2001</strong> getroffen.<br />

Das Ziel der PR-Arbeit ist, mehr Betriebe zu gewinnen, die sich als <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong>-e.V.-<br />

Fachbetrieb prüfen lassen. Dies kann erreicht werden, indem die Betriebe selber<br />

angesprochen werden, oder indem d<strong>ur</strong>ch Information der Endverbraucher eine<br />

Nachfrage nach Fachbetrieben geschaffen wird. Letzteres soll Betriebe dazu bewegen,<br />

sich als Fachbetrieb prüfen zu lassen.<br />

Das Budget, das <strong>2001</strong> für die PR-Arbeit z<strong>ur</strong> Verfügung steht, sind 6000 DM.<br />

Vorraussetzung für eine effektive PR-Arbeit ist ein einheitlicher Auftritt der<br />

Fachbetriebe als Fachbetrieb. Das Logo sollte n<strong>ur</strong> noch in der gültigen Form verwendet<br />

werden, und zwar vorzugsweise in der Farbe Schwarz, soweit dies sich mit dem Auftritt<br />

der einzelnen Mitgliedsbetriebe vereinbaren lässt. Alle Fachbetriebe sollten sich daran<br />

beteiligen, missbräuchlicher Verwendung des Gütesiegels nachzugehen und<br />

Missbrauch an die Fachbetriebskommission zu melden.<br />

16


Welche Presseorgane sollen nun mit Material versorgt werden?<br />

• Fachpresse (Landschaftsarchitekt<strong>ur</strong>; Deutscher <strong>Garten</strong>bau;.........)<br />

• <strong>Garten</strong>zeitschriften für Endverbraucher (Kraut&Rüben, <strong>Garten</strong>praxis, Flora, Mein<br />

schöner <strong>Garten</strong>, ......)<br />

• Mitgliederzeitschriften der <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>- und Umweltschutzverbände (BUND-magazin<br />

(BUND), <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>schutz heute (Nabu),....<br />

• Lokale Presse im Umfeld der jeweiligen Fachbetriebe, dazu gehören auch<br />

Anzeigenblätter und Vereinspublikationen der Ortsgruppen der<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong>schutzverbände.<br />

• Der Rundbrief des <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong> e.V.<br />

•<br />

Weitere Zielgruppen und Arbeitsfelder der PR-Arbeit sind:<br />

• <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>schutzverantwortliche der Kommunen<br />

• Zulieferbetriebe<br />

• Fortbildungsangebote für Fachbetriebe und für Betriebe, die eine Prüfung<br />

anstreben.<br />

• Internet<br />

Mit welchen Mitteln soll die PR-Arbeit d<strong>ur</strong>chgeführt werden?<br />

Wegen des knappen Budgets kann z<strong>ur</strong> Zeit noch keine Anzeigenkampagne finanziert<br />

werden. Langfristig sollte aber eine Standardanzeige z<strong>ur</strong> Verfügung stehen.<br />

Jeder Mitgliedsbetrieb sollte eine Selbstdarstellung erarbeiten. Diese wird Teil der<br />

Pressemappe und im Internet und im Rundbrief des <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong> e.V. veröffentlicht.<br />

Bei beispielhaften Aktionen eines Mitgliedsbetriebes sollte ein Bericht darüber im<br />

Rundbrief erscheinen. Dieser Bericht wird auch in die Pressemappe aufgenommen und<br />

kann im Internet veröffentlicht werden.<br />

Eine Artikelserie zum <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong> mit Bezug auf Fachbetriebe wird entwickelt.<br />

Für <strong>2001</strong> w<strong>ur</strong>den in der Auswertung des Brainstormings folgende Verabredungen<br />

getroffen:<br />

Reinhard Witt verfasst eine Pressemitteilung über die neuen Fachbetriebe. Der dafür<br />

benutzte Verteiler wird von Ulrike Aufderheide weiterbenutzt.<br />

Eine weitere Pressemitteilung sollte im Laufe des Jahres folgen.<br />

Jeder Fachbetrieb entwickelt eine Selbstdarstellung für den Rundbrief, das Internet und<br />

die Pressemappe. Diese Selbstdarstellung enthält Bilder, die die Arbeit der<br />

Fachbetriebe darstellen und Bilder der InhaberInnen.<br />

Es wird eine gemeinsamer Internetauftritt der Fachbetriebe entwickelt: Ulrike<br />

Aufderheide reserviert die relevanten Internetadressen. Alle Adressen werden auf eine<br />

Hauptseite umgeleitet und von da aus sind die homepages der Fachbetriebe per link zu<br />

erreichen. Ulrike Aufderheide versucht, Kontakt mit dem nat<strong>ur</strong><strong>garten</strong> e.V. Mitglied<br />

aufzunehmen, das sich angeboten hat, beim Erstellen von homepages behilflich zu<br />

sein. Für die Erstellung der homepage sollte nicht mehr als DM 500 ausgegeben<br />

werden, pro Jahr sollte die homepage nicht mehr als DM 100 kosten.<br />

Mittelfristig wird eine Umgestaltung des flyers in Angriff genommen.<br />

Nachwirkungen:<br />

Es w<strong>ur</strong>den inzwischen folgende Internetadressen reserviert:<br />

• nat<strong>ur</strong><strong>garten</strong>-fachbetrieb.de<br />

17


• nat<strong>ur</strong><strong>garten</strong>.fachbetriebe.de<br />

• fachbetrieb-nat<strong>ur</strong><strong>garten</strong>.de<br />

• fachbetriebe-nat<strong>ur</strong><strong>garten</strong>.de<br />

• nat<strong>ur</strong><strong>garten</strong>fachbetrieb.de<br />

• nat<strong>ur</strong><strong>garten</strong>fachbetriebe.de<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong>nahe seilunterstützte Baumpflege. Erkenntnisse,<br />

Praktiken, Zukunft.<br />

Dipl. Ing. Landschaftsarchitekt Fritz Hilgenstock, Fachbetrieb für nat<strong>ur</strong>nahe Grünplanung und<br />

Gestaltung, D- Hilchenbach<br />

Zu Beginn unseres Vortrags erlauben wir uns einen kleinen Ausflug in die<br />

Baumbiologie und die Verkehrssicherungspflicht: Bäume sind komplex<br />

aufgebaute Lebewesen, deren Organe verschiedene Aufgaben übernehmen. Das<br />

Blatt in der Baumkrone nimmt Licht und Kohlendioxid auf, der Ast stützt das Blatt und<br />

transportiert die im Blatt gebildeten Energieträger (Assimilate) in den<br />

Stamm, der die Äste und W<strong>ur</strong>zeln stützt und die Assimilate zu den W<strong>ur</strong>zeln<br />

transportiert. Die W<strong>ur</strong>zeln verankern den Baum im Boden und nehmen Wasser und<br />

Nährstoffe auf, die dann in einer randnahen Schicht d<strong>ur</strong>ch den Stamm und die<br />

Äste zu den Blättern transportiert werden. Hier wird das Wasser verdunstet,<br />

was dann zu den angenehmen Kühlungserscheinungen in unseren aufgeheizten<br />

Städten führt. Alle Organe des Baumes dienen gleichzeitig auch als<br />

Energiespeicher, bilden sozusagen die "eiserne Reserve" des Baumes - seine<br />

"Rentenversicherung".<br />

Das komplexe System Baum kann n<strong>ur</strong> funktionieren, wenn alle seine<br />

Organe die ihnen zugedachten Aufgaben auch wirklich erfüllen können.<br />

Wenn also z. B. d<strong>ur</strong>ch Verdichtung, Überfahren oder Überteeren der<br />

Baum in seiner W<strong>ur</strong>zelatmung und Wasseraufnahme behindert wird, wäre das vergleichbar mit<br />

einem Menschen, der Schwerstarbeit leisten muß, der aber<br />

n<strong>ur</strong> mit einer knappen Wasser- und Brotration versorgt wird. Kappt man die<br />

Transportleitungen des Baumes, in dem zum Beispiel die Rinde mit den<br />

darunterliegenden Schichten d<strong>ur</strong>ch Baumaßnahmen, Rasenpflege oder<br />

Verkehrseinwirkung abgeschabt wird, ist das als ob man einem Menschen die<br />

Beine abschnürt und von ihm erwartet einen Marathonlauf d<strong>ur</strong>chzustehen. Zu<br />

allem Überfluß müssen dann diese halberstickten, halb strangulierten und<br />

unterernährten Bäume in einer feindlichen Umgebung (Luftverschmutzung,<br />

trockenes und strahlungsintensives Kleinklima ...) groß werden und wir<br />

erwarten, daß dieser Baum seine Riesenkrone mit den schenkeldicken Ästen<br />

auch bei Orkan, nassem Schnee und klirrendem Eis sicher zu balancieren weiß.<br />

Wenn er es nicht schafft, kommen die oftmals selbsternannten "Baumsanierer"<br />

und besorgen den Rest...<br />

Im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht erhält das Lebewesen Baum eine<br />

völlig andere Bedeutung als "Risikopotential". Keine Rede ist von Liebe und<br />

Achtung vor dem Geschöpf, es geht n<strong>ur</strong> noch darum, wie mit dem Baum zu<br />

verfahren ist. Oft wird daher der Baum einem überzogenen<br />

Sicherheitsbedürfnis geopfert. Denn noch immer kommentieren Menschen, daß<br />

es nicht angehe, n<strong>ur</strong> um der Erhaltung des Grüns in den<br />

18


Städten das Leben von Menschen oder Sachen zu gefährden. Daß es nicht<br />

angeht, um den Erhalt des Autos auf den Straßen das Leben von Menschen und<br />

Sachen zu gefährden, wird in unsrerer "autobezogenen" Gesellschaft wohl kaum<br />

einer zu sagen wagen. Von daher werden Bäume auch heute noch geringer<br />

eingestuft in unserer Rechtsordnung als unser ach-so-geliebtes Automobil.<br />

Doch nun z<strong>ur</strong> Baumpflege selbst. Von nat<strong>ur</strong>naher Baumpflege zu sprechen ist<br />

natürlich ein wenig gewagt. Genau wie in der <strong>Garten</strong>gestaltung sind es<br />

unsere, sprich menschliche Vorgaben (wie Sicherheit, Erscheinungsbild etc.)<br />

die unser Handeln am Baum prägen. Die <strong>Nat</strong><strong>ur</strong> ist an der Korrekt<strong>ur</strong> eines<br />

einzelnen Individuums gar nicht interessiert. Doch d<strong>ur</strong>ch die enorme<br />

Lebensspanne des einzelnen Baumes bekommt er<br />

eine besondere Bedeutung für die Menschen, die mit ihm leben. Sie können<br />

seinen Schatten genießen, dürfen den von ihm produzierten Sauerstoff<br />

veratmen, müssen sein Laub aus der Dachrinne räumen oder ihr Auto darunter<br />

parken. Dabei soll der Baum der jeweiligen Idealvorstellung möglichst<br />

nahekommen. Das hat z<strong>ur</strong> Folge das der Mensch versucht den Baum diesen<br />

Vorstellungen anzupassen. Diese Eingriffe in die Souveränität des Baumes<br />

nennt man heute Baumpflege.<br />

Pflegemaßnahmen an Bäumen können aus verschiedenen Gründen nötig werden. Zum<br />

Beispiel d<strong>ur</strong>ch fehlerhafte Entwicklungen des Baumes selbst (reibende Äste,<br />

zwillenartige Verastungen o. ä.), normale Alterung oder d<strong>ur</strong>ch<br />

Umwelteinflüsse wie zum Beispiel Versiegelungen, W<strong>ur</strong>zelkappungen, Astbruch,<br />

Freistellungen oder falsche Schnittführung. Da Bäume komplexe Lebewesen<br />

sind, braucht es häufig einige Zeit, bis die Resultate dieser<br />

Umwelteinflüsse sichtbar werden ("Bäume sterben langsam"). Daher sind Bäume<br />

im öffentlichen Bereich regelmäßig auf ihre Verkehrssicherheit hin zu<br />

überprüfen. Wenn eine Gefährdung anzunehmen ist, müssen weitere Maßnahmen<br />

veranlaßt werden, seien das nun genauere Untersuchungen, Schnittmaßnahmen<br />

oder Fällungen. Alle diese Maßnahmen können mit Hilfe der seilunterstützten<br />

Baumpflege d<strong>ur</strong>chgeführt werden. Und dazu muß nicht erst aufwendiges Gerät<br />

wie zum Beispiel Hubarbeitsbühnen angemietet oder angeschafft werden. Die<br />

seilunterstützte Baumpflege kann auch dort vorgenommen werden, wo mit<br />

schwerem Gerät aufgrund der Umgebung (Steilhang, <strong>Garten</strong>, Friedhof, Park,<br />

verkehrsreiche Straße usw.) nicht oder n<strong>ur</strong> unter Schwierigkeiten gearbeitet<br />

werden kann. Es müssen keine Arbeitsschneisen für Gerät oder Fahrkorb<br />

geschaffen werden und es gibt keine Bodenverdichtung d<strong>ur</strong>ch Geräteeinsatz. Im<br />

Baum selbst kann fast jeder Punkt erreicht werden, und unnötige Verletzungen<br />

werden vermieden.<br />

Wie funktioniert nun die "seilunterstützte Baumpflege" ? Die wichtigsten<br />

Arbeitsmittel sind hierbei ein spezielles Kletterseil, mit dessen Hilfe der<br />

Kletterer in den Baum aufsteigt und an dem hängend er arbeitet. Weiterhin<br />

sind es moderne superscharfe handgeführte Spezialsägen, bzw. kleine<br />

handliche Motorsägen. Das Kletterseil hat in der Regel etwa 3 to<br />

Bruchlast und sehr wenig Dehnung, im Gegensatz zu im Bergsport<br />

gebräuchlichen Seilen. Es kann mit unterschiedlichen Methoden in den Baum<br />

eingebaut werden. Um den Baum zu schonen, verwenden versierte Kletterer bei<br />

aufwendigeren Einsätzen von einem Ankerpunkt aus sogenannte<br />

19


"Kambiumschoner", d<strong>ur</strong>ch die das Seil läuft. So wird verhindert, daß d<strong>ur</strong>ch<br />

die Reibung des Seiles die Borke und der Bast des Baumes beschädigt wird.<br />

Der Aufstieg in den Baum erfolgt am Seil, ohne den Einsatz von Steigeisen<br />

(Ausnahme: Fällung), um auch hierbei die Borke des Baumes nicht unnötig zu<br />

verletzen. Wichtig ist die Auswahl eines statisch sicheren Ankerpunktes<br />

möglichst hoch in der Baumkrone. Abhängig von der Baumart und dem Gewicht<br />

des Kletternden kann der Kletterer fast jeden beliebigen Punkt im Baum<br />

errreichen, sogar im Feinastbereich. Sein Gewicht wird dabei vom Seil auf<br />

den Ankerpunkt übertragen. Bei flachen Kronen oder Arbeiten die weit<br />

seitlich unterhalb des Ankerpunktes d<strong>ur</strong>chgeführt werden, kommt eine zweite<br />

Seilschlaufe zum Einsatz, mit deren Hilfe sich der Kletterer in Position<br />

hält und doch beide Arme für die Arbeit frei hat. Sehr hilfreich sind ihm<br />

dabei die speziell für diesen Einsatzzweck gearbeiteten Kletterg<strong>ur</strong>te, die es<br />

einerseits ermöglichen, das nötige Rüstzeug mit in den Baum zu<br />

transportieren (Scheren, Sägen usw.) und es erlauben in fast jeder Position<br />

das gesamte Körpergewicht auf die Seile zu verlagern und die Hände für die<br />

Arbeit freizuhalten. Die seilunterstützte Baumpflege verlangt ein hohes Maß<br />

an solider Ausbildung und eine überd<strong>ur</strong>chschnittliche körperliche Fitness.<br />

Das Ersteigen von Bäumen mit Hilfe der Klettertechnik vermittelt ein ganz<br />

anderes Verständnis für das Lebewesen Baum. Es kommt wirklich zu einem<br />

hautnahen Kontakt zum Baum. Die unterschiedlichen Bäume und Baumarten<br />

können ihre Individualität vermitteln. Sie machen begreiflich welche<br />

Leistungsfähigkeit von ihnen verlangt wird, um ein solches Riesensystem<br />

aufrecht zu erhalten. Es ist sehr eindrucksvoll, einen Baum den Stamm hinauf<br />

in seine Krone zu begleiten, ihn zu berühren und sich ihm anzuvertrauen. Auf<br />

dem Weg nach oben übermittelt der Baum d<strong>ur</strong>ch seine Schwingungen dem<br />

erfahrenen Kletterer sehr viel über seinen Zustand. Der kletternde<br />

Baumpfleger ist viel enger mit dem Baum verbunden als derjenige, der sich<br />

auf die Unterstützung d<strong>ur</strong>ch eine Hebebühne verlassen muß. Er sieht während<br />

des Aufstiegs auch mehr vom Aufbau der Krone und kann daher mögliche<br />

Schwach- oder Schadstellen häufig schneller ansprechen als der Benutzer<br />

einer Hebebühne.<br />

Hier nochmal die wichtigsten Vorteile der Seilunterstützten Baumpflege:<br />

- alle baumpflegerischen Arbeiten können vom ausreichend standsicheren<br />

Baum selbst ausgeführt werden<br />

- fast jeder Punkt in der Baumkrone kann erreicht werden<br />

- unnötige Schnitte für den Einsatz von Fahrkörben (Schneisenschnitte)<br />

unterbleiben<br />

- Beschädigung und Verdichtungen im W<strong>ur</strong>zelraum d<strong>ur</strong>ch Maschineneinsatz<br />

gibt es nicht<br />

- Arbeiten in Bäumen können auch unter beengten Verhältnissen<br />

(Hinterhöfe, dichter Baumbestand usw.) d<strong>ur</strong>chgeführt werden<br />

- Schwierige Standortverhältnisse (Steilhang, Friedhof, hochwertige<br />

<strong>Garten</strong>- und Parkanlagen, Gebäude im Kronenbereich, Unterpflanzung usw.)<br />

haben in der Regel keinen Einfluß auf die D<strong>ur</strong>chführbarkeit der Arbeiten<br />

- Verkehrsintensive Bereiche müssen n<strong>ur</strong> k<strong>ur</strong>zfristig für die eigentliche<br />

Schnittarbeit gesperrt werden, sobald die Verkehrsbereiche geräumt sind,<br />

kann der Verkehr wieder vollflächig fließen. Eine halbseitige Sperrung als<br />

Standort wie für Hebebühnen ist nicht notwendig<br />

20


- Technische Beschränkungen in der Arbeitshöhe gibt es nicht<br />

Wichtiger noch als die Methode die man anwendet, ist die Art der Baumpflege,<br />

die man umsetzt. Wir können mit dem Baum oder gegen den Baum arbeiten.<br />

Ähnlich wie im GaLa-Bau, wo wir <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>gärtner auch mit dem Standort arbeiten,<br />

tun wir dies auch im Baum. Wir müssen versuchen uns in den Baum<br />

hineinzufühlen, hineinzudenken. In den vergangenen 20 Jahren hat sich auf<br />

diesem Gebiet sehr viel getan und wer sich dafür interessiert, soll die<br />

Bücher von Shigo nicht n<strong>ur</strong> unters Kopfkissen lege, sondern sie lesen ,<br />

verinnerlichen und danach handeln. Leider gibt es immer noch genügend<br />

Ignoranten, die meinen, n<strong>ur</strong> weil sie in der Lage sind, eine Motorsäge zu<br />

starten, sie seien Baumpfleger. Meistens sind sie dann auch noch davon<br />

überzeugt, daß der für sie einfachste Schnitt der beste ist.<br />

Gute, nat<strong>ur</strong>nahe Baumpflege beginnt in der Baumschule, bei der Auswahl der<br />

Pflanzware. Sie führt über einen regelmäßigen Erziehungsschnitt am jungen<br />

Baum zu einem reifen Exemplar, daß seine volle Pracht entfalten kann, um dann<br />

den Altbaum in Würde zum Niedergang zu begleiten. Radikale Schnitte<br />

zerstören die Schönheit unserer Bäume und führen zu einer deutlichen<br />

Lebensverkürzung. <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>nahe Baumpflege bedarf großer Erfahrung und viel<br />

Gefühl.<br />

Zum Abschluß noch ein Wort an alle, die Baumarbeiten zu vergeben haben:<br />

Es gibt grundsätzlich eines festzustellen, Baumarbeiten sollten immer von gut<br />

ausgebildeten Profis ausgeführt werden. N<strong>ur</strong> d<strong>ur</strong>ch qualifizierte Arbeit kann<br />

wertvolles Grün langfristig erhalten werden. Und Qualität hat sich noch nie<br />

n<strong>ur</strong> über den Preis definiert.<br />

Planung von <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>gärten<br />

Gärtnermeister Peter Richard, Geschäftsführer der Winkler und Richard AG, CH-Wängi.<br />

Ü b e r s i c h t<br />

• Erster Kontakt – Erstes Gespräch<br />

• Vorbereitungen für die Planungsarbeiten<br />

• Entw<strong>ur</strong>f – Konzept entwickeln<br />

• Präsentation des Entw<strong>ur</strong>fs<br />

• Projekt ausarbeiten – Ausführungspläne<br />

• Präsentation des Projektes<br />

• Abschluss und Dankeschön<br />

Erster Kontakt – Erstes Gespräch<br />

• Vorbereitungen<br />

• Äussere und innere Erscheinung - Verfassung<br />

• Begrüssung, Vorstellung<br />

• Gespräch – Was will ich wissen? Was muss ich wissen?<br />

• Protokoll – Notizen – Skizzen<br />

21


• Planunterlagen<br />

• Ziele des ersten Gesprächs?<br />

Vorbereitung Planungsarbeiten<br />

• Plangrundlagen 1:100 / 1:50 erarbeiten<br />

• Situations- und Leitungspläne<br />

• Ba<strong>ur</strong>eglemente<br />

• Gelände- und Vegetationsaufnahmen<br />

• Fotos<br />

• Dossier anlegen<br />

• Adresse in Kundendatei aufnehmen<br />

Entw<strong>ur</strong>f - Ideenskizze<br />

• Suche nach einem dem Ort und den Menschen angepassten Konzept<br />

• Suche nach einem formalen Konzept<br />

• Ideenskizze plakativ zeichnen und colorieren<br />

• Schnitte, Ansichten oder Perspektiven z<strong>ur</strong> Erläuterung<br />

• Grobkalkulation – Kostenschätzung +/- 20%<br />

Präsentation<br />

• Vorbereitung Hardware: Unterlagen, Bilder, Muster<br />

• Vorbereitung Software: Persönliche Verfassung<br />

• Angemessenes Outfit<br />

• Abschluss erwarten<br />

• Gespräch führen<br />

• Einwände sofort behandeln oder notieren<br />

• Protokoll – Gesprächsnotiz erstellen<br />

Projekt - Ausführungspläne<br />

• Entw<strong>ur</strong>f technisch ausarbeiten<br />

• Materialauswahl<br />

• Pflanzenlisten<br />

• Ausführungsplan zeichnen<br />

• Detailpläne, Schnitte etc.<br />

• Vorkalkulation<br />

• Offerte (Angebot) erstellen<br />

• Präsentation vorbereiten<br />

Abschluss und Dankeschön<br />

• Auftrag abschliessen<br />

• Termine vereinbaren<br />

• Bedanken für den den Auftrag<br />

• Auftragsbestätigung schriftlich oder Werkvertrag. Vom Bauherrn unterzeichnen<br />

lassen<br />

• Kleines Geschenk als Dankeschön<br />

• Arbeitsvorbereitung<br />

• Pünktlicher Arbeitsbeginn<br />

22


BLUMENZWIEBELN AUS FERNEN LÄNDERN? ERKENNTISSE<br />

AUS STUDIEN DES BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ UND DES<br />

BUNDESUMWELTMINISTERIUM<br />

Dipl. Ing. agr. Tjards Wendebo<strong>ur</strong>g, Planungsgruppe Digitalis, <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong> e.V. Hannover<br />

Das Stichwort „Blumenzwiebeln“ ist für <strong>Garten</strong>besitzer oft gleichbedeutend mit Tulpen<br />

und Narzissen. Dabei ist gerade das Spektrum der so genannten Kleinblumenzwiebeln<br />

für <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>gärten so wertvoll, denn viele der Zwiebel- und Knollenpflanzen, die unter<br />

diesem Begriff zusammen gefaßt werden, sind wertvolle Frühblüher.<br />

Diese Tatsache hat dazu geführt, daß in der Vergangenheit große Mengen von<br />

Kleinblumenzwiebeln aus der <strong>Nat</strong><strong>ur</strong> entnommen w<strong>ur</strong>den und vornehmlich über<br />

holländische Zwischenhändler auf den Markt gelangt sind. Eine besondere Tradition hat<br />

des Ausgrabens von Zwiebeln und Knollen in der Türkei, wo zum Höhepunkt der<br />

Wildentnahmen, in den 80er Jahren, jährlich Abermillionen von Schneeglöckchen<br />

(Galanthus), Alpenveilchen (Cyclamen), Winterlinge (Eranthis), Anemonen (Anemone),<br />

Blausterne (Scilla), Schneeglanz (Chionodoxa), Krokus (Crocus), Knotenblume,<br />

Märzenbecher (Leucojum), Träubelhyazinthe (Muscari), Milchstern (Ornithogalum),<br />

Schachbrettblumen, Kaiserkronen (Fritillaria), Lauch (Allium) von Weiden und aus<br />

Wäldern gesammelt w<strong>ur</strong>den. Aber auch in Ländern wie Chile, Ungarn, Rumänien und<br />

sogar in der Bundesrepublik fanden Sammlungen in <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>beständen statt. Heute<br />

gewinnen Georgien (Galanthus) und China (Arisaema) als Ausfuhrländer zunehmend<br />

an Bedeutung.<br />

Obwohl die Entnahme von Wildpflanzen d<strong>ur</strong>ch den Druck der Medien auf die<br />

holländischen Zwischenhändler und die türkischen Exporte<strong>ur</strong>e stark reduziert werden<br />

konnte, werden auch heute noch jährlich legal einige Millionen Zwiebeln und Knollen<br />

ausgegraben und vermarktet. Z<strong>ur</strong> Sicherung der Bestände w<strong>ur</strong>den allerdings in der<br />

Türkei bestimmte Mechanismen installiert. So nimmt ein wissenschaftliches Gremium<br />

die Auswahl der zum Sammeln erlaubten Arten vor und legt auch die Sammelregionen<br />

fest. Sowohl die Menge der gesammelten Zwiebeln pro Art, als auch die Menge, der für<br />

jede der beteiligten vier türkischen Handelsfirmen erlaubten Pflanzen wird d<strong>ur</strong>ch Quoten<br />

geregelt. D<strong>ur</strong>ch die Aufnahme von Schneeglöckchen und Alpenveilchen in die Anhänge<br />

des CITES-Abkommens und den Beitritt der Türkei zum Washingtoner<br />

Artenschutzabkommen, konnten die beiden betroffenen Gattungen zusätzlich geschützt<br />

werden.<br />

D<strong>ur</strong>ch die Eröffnung des gemeinsamen Marktes haben sich die Möglichkeiten der<br />

deutschen Behörden stark eingeschränkt, Maßnahmen gegen wild gesammelte<br />

Pflanzen zu ergreifen und damit die Bestände in den Herkunftsländern wirksam zu<br />

schützen. Denn die Bundesartenschutzverordnung als Schutzinstrument greift für die<br />

Mehrzahl der betroffenen Arten nicht mehr. So liegt die Entscheidung beim Verbraucher<br />

d.h. bei den zahllosen <strong>Garten</strong>besitzern, keine Zwiebeln aus Wildentnahmen zu kaufen.<br />

Um diese Entscheidung zu ermöglichen, versucht das Bundesumweltministerium und<br />

23


das Bundesamt für <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>schutz Fakten zusammen zu tragen. Unter anderem dringen<br />

die Bundesbehörden auf eine Verbesserung der Packungsbeschriftung. Neben der<br />

Recherche der Handelsmengen und Handelswege, w<strong>ur</strong>den wir deshalb auch<br />

beauftragt, Vorschläge für ein eigenes Labelingsystem zu machen, welches Herkunft<br />

und genaue Artenbezeichnung gewährleistet. Mittlerweile w<strong>ur</strong>den zwei Studien zum<br />

Thema abgeschlossen und können über das Bundesamt für <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>schutz in Bonn (Herr<br />

Schmitz-Kretschmer) angefordert werden. Eine zweijährige Studie, die auch einen<br />

Aufpflanzversuch von Schneeglöckchen beinhaltet, läuft noch bis Ende des Jahres.<br />

Insgesamt besteht aber kein Grund auf Kleinblumenzwiebeln zu verzichten, auch wenn<br />

die meisten der gehandelten Arten nicht heimisch sind. Da die Pflanzen zumeist<br />

Ökonischen einnehmen, die nicht von heimischen Pflanzen besetzt werden, stellen<br />

Kleinblumenzwiebeln eine wertvolle optische und ökologische Bereicherung des<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong>s dar. Besonders die Fähigkeit vieler Arten sich d<strong>ur</strong>ch Aussaat reichlich zu<br />

vermehren, kann sich zu einem wertvollen Gestaltungselement entwickeln. Bei der<br />

Auswahl geeigneter Arten sollte daher auf diese Eigenschaft und die Herkunft der<br />

Zwiebeln geachtet werden. Der weitaus größte Teil der Kleinblumenzwiebeln wird<br />

mittlerweile in Holland aus Saatgut, Brutzwiebeln oder Zwiebelschuppen künstlich<br />

vermehrt. Schneeglöckchen werden in Frankreich in Obstgärten über das Prinzip der<br />

Verwilderung gewonnen. Allerdings würde die Anbautätigkeit gerade für Ware aus<br />

Bioanbau Marktchancen bieten. Bisher sind Zwiebeln aus biologischem Anbau n<strong>ur</strong> von<br />

dem niederländischen „Hof Vertrauen“ bekannt.<br />

Arten, die bedenkenlos gepflanzt werden können sind Galanthus nivalis<br />

(Schneeglöckchen - N<strong>ur</strong> diese Art!), Scilla siberica (Sibirischer Blaustern), Chionodoxa<br />

luciliae (Schneeglanz), Alle Krokusse, besonders Crocus tommasinianus (Elfen-<br />

Krokus), Muscari armeniacum (Träubelhyazinthe) und Iris reticulata (Zwerg-Iris)<br />

Weiterhin aus Wildentnahme stammen die meisten Zwiebeln von Galanthus woronowii<br />

und G. elwesii, die sich oft in Kleinpackungen mit der Aufschrift ‘Schneeglöckchen<br />

einfach’ „verstecken“. Hier lohnt sich beim Kauf eine schriftliche Bestätigung der<br />

Artenechtheit. Außerdem kommt ein großer Teil der Stahlenanemonen (Anemone<br />

blanda, besonders „Mischungen“ und der Winterlinge aus Sammlungen in der <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>.<br />

Das gleiche gilt für Geranium tuberosum, Cyclamen hederifolium, C. coum<br />

(Alpenveilchen, n<strong>ur</strong> große Knollen) und Leucojum aestivum (hauptsächlich die Sorte<br />

‘Gravteye Giant’ der Sommerknotenblume kommt aus Kult<strong>ur</strong>).<br />

Mehr zu dem Thema bietet unsere Internetseite: http://www.pg-digitalis/geophyten<br />

DER SCHATTENGARTEN ALS ERLEBNISRAUM. HEIMISCHE<br />

GRÄSER UND FARNE IM NATURNAHEN GRÜN.<br />

24


Dieter Güthler, Leiter der Fachgruppe Wildstauden der Gesellschaft der Staudenfreunde,<br />

D- Schwabach<br />

Die Einteilung des Schatten<strong>garten</strong>s erfolgt im Hinblick auf die Bepflanzung in unterschiedliche<br />

Bereiche, je nach Lichteinfall und Bodenfeuchte.<br />

Dabei wird unterschieden in:<br />

1. Halb- und Vollschatten als sog. Schlagschatten d<strong>ur</strong>ch Gebäude, Mauern, Zäune. Diese<br />

Bereiche werden, mit Ausnahme von Dachüberständen, von den natürlichen Niederschlägen<br />

erreicht und weisen daher immer eine gewisse Bodenfeuchte auf.<br />

2. Halb- und Vollschatten d<strong>ur</strong>ch Baumkronen und größere Gehölze. Diese Bereiche erhalten<br />

n<strong>ur</strong> in der Zeit zwischen Laubfall und erneutem Laubaustrieb ausreichende<br />

Niederschläge. Unter immergrünen Nadelgehölzen ist es fast das ganze Jahr über<br />

trocken.<br />

Die Pflanzenauswahl ist im Bereich des Halbschattens von Gebäuden am größten,<br />

besonders wenn der Bereich während der heißen Mittagsstunden im Schatten liegt. Am<br />

kleinsten ist die Auswahl unter Bäumen mit dichtem Laubdach z.B. Roßkastanien.<br />

Bei bereits vorhandenen Laubbäumen ist es fast nicht möglich, eine geschlossene Pflanzung<br />

anzulegen, da nach voller Entwicklung des Laubes sehr wenig Regen direkt auf den Boden<br />

dringt und die Baumw<strong>ur</strong>zeln im Sommer das ganze Wasser aufsaugen. Auch eine<br />

zusätzliche Bewässerung bringt wenig Erfolg, es sei dann man kann so stark bewässern,<br />

dass es für Bäume und Stauden reicht. Hier ist es besser, wenn überhaupt eine<br />

Unterpflanzung gewollt ist, große Kübel aufzustellen und diese dann zu bewässern. Die<br />

Anlage eines Sitz- oder Ruheplatzes an dieser Stelle ist wesentlich entspannender.<br />

Werden allerdings die Stauden und die Gehölze gleichzeitig gepflanzt kann ein dauerhaftes<br />

Nebeneinander erreicht werden, das sonst nicht möglich wäre. Im Falle der Schattenstauden<br />

scheitert dies jedoch meist am noch fehlenden Schatten.<br />

Pflege der Pflanzungen<br />

Die Pflanzung von Gräsern sollte immer im Frühjahr erfolgen, bei Pflanzen mit Topfballen ist<br />

es bis Anfang September möglich. Für Farne ist gleichfalls die Frühjahrspflanzung<br />

empfehlenswert. Beim Pflanzen die Topfballen gut lockern, bei den Gräsern die<br />

Ballenunterseite richtig auseinanderreißen. Im ersten Jahr ist zusätzliches Wässern wichtig.<br />

Höhere Gräser, wie die Riesensegge, Waldschmiele und die Pfeifengräser brauchen ein<br />

gewisses Maß an direkter Sonnenstrahlung um einen schönen Wuchs zu erhalten.<br />

Die Düngung ist abhängig von der Bodenart. Bei Sand kann man sehr gut mit Kompost<br />

arbeiten, im Lehm-Sandboden ist eine Düngung nicht notwendig. Bei Lehm- und Tonböden<br />

ist das Einarbeiten von Sand oder Splitt bis in 20 cm Tiefe empfehlenswert, in die obere<br />

Bodenschicht wird noch grobes organisches Material wie gehäckselte Zweige eingearbeitet.<br />

Bei der Verwendung von Rindenmulch und Holzhäcksel auf ausreichende Stickstoffzugabe<br />

achten, sonst können Mangelerscheinungen auftreten. Nach der Pflanzung erfordert die<br />

Pflege wenig Aufwand.<br />

Die Gräser werden im Spätwinter z<strong>ur</strong>ückgeschnitten. Bei Auslesen bzw. Namenssorten sollte<br />

der Rückschnitt rechtzeitig vor dem Ausfallen der Samen erfolgen, um ein Vermischen der<br />

Sorten mit den Sämlingen zu vermeiden. Farne müssen nicht, können aber<br />

z<strong>ur</strong>ückgeschnitten werden. Abgefallenes Herbstlaub und Koniferennadeln kann man<br />

zwischen den Pflanzen liegen lassen und n<strong>ur</strong> die Grasschöpfe im Frühling säubern um der<br />

Fäulnisgefahr vorzubeugen. Bei Beeten ohne natürlichem Laubanfall sollte man im Herbst<br />

25


sogar am Boden mit zusätzlichem Laub abdecken und mit grobem Kompost gegen<br />

Verwehen schützen.<br />

Gräser bei Kranzbildung bzw. nachlassendem Wuchs teilen, Farne n<strong>ur</strong> wenn man vermehren<br />

will. Die Triebköpfe von manchen Farnen , besonders Athyrium und Dryopteris wachsen mit<br />

der Zeit über die Oberfläche hinaus, diese kann man zusätzlich mit Laub und etwas Kompost<br />

anfüllen, es ist aber nicht unbedingt notwendig.<br />

Vermehrung<br />

Bei flächig wachsenden Arten erfolgt dies am einfachsten d<strong>ur</strong>ch Abnehmen von Ausläufern<br />

bzw. Rhizomstücken.<br />

Horstbildende Gräser und Farne werden vollständig ausgegraben, die W<strong>ur</strong>zelballen sollte<br />

man nach Möglichkeit etwas auswaschen um die neuen Triebspitzen bzw. -köpfe besser<br />

erkennen zu können.<br />

Die Teilung erfolgt dann mit einem scharfem Messer oder, besonders bei dicht verw<strong>ur</strong>zelten<br />

Ballen, auch mit einer feinzahnigen Fuchsschwanzsäge. D<strong>ur</strong>chstechen mit den Spaten ist<br />

grober Unfug. Die Pflanzen werden dabei zu sehr verletzt.<br />

Einen Sonderfall gibt es bei der Farnvermehrung: Der Hirschzungenfarn lässt sich über<br />

Blattstielstecklinge vermehren.<br />

Wer größere Mengen Pflanzen braucht kann die Arten auch über Samen bzw. Sporen<br />

vermehren. Auslesen bitte immer n<strong>ur</strong> vegetativ vermehren.<br />

Literat<strong>ur</strong><br />

Helmut Schmick "Farne in <strong>Nat</strong><strong>ur</strong> und <strong>Garten</strong>", Eigenverlag,<br />

zu beziehen über : Helmut Schmick, Im Grund 6, 21509 Glinde oder<br />

Sophie Hörsch, <strong>Garten</strong>- und Pflanzenbücher International, Hagenwiesenstr. 3,<br />

73066 Uhingen, Tel. 07163/4196, Fax 07163/4789<br />

Lothar Denkewitz "Farngärten", Ulmer Verlag,<br />

"Der Stauden<strong>garten</strong>", Zeitschrift der Gesellschaft der Staudenfreunde<br />

Geschäftsstelle: Eichenstr. 5, 67259 Beindersheim<br />

Tel. 06233/371837, Fax 06233/371937<br />

e-mail: info@gds-staudenfreunde.de, Internet: http://www.gds-staudenfreunde.de<br />

26


Pflanzenliste:<br />

Halbschatten bodenfeucht: Vollschatten bodenfeucht: Vollschatten trocken:<br />

Waldschmiele<br />

(Deschampsia caespitosa)<br />

Pfeifengras<br />

(Molinia caerulea)<br />

Riesensegge<br />

(Carex pendula)<br />

Flattergras<br />

(Milium effusum)<br />

Königsfarn<br />

(Osmunda regalis)<br />

Begleitpflanzen:<br />

Waldmarbel<br />

(Luzula nivea)<br />

Hirschzungenfarn<br />

(Phyllitis scolopendrium)<br />

Rippenfarn<br />

(Blechnum spicant)<br />

Tüpfelfarn, Engelsüß<br />

(Polypodium vulgare)<br />

W<strong>ur</strong>mfarne<br />

(Dryopteris spec.)<br />

Frauenfarne<br />

(Athyrium spec.)<br />

Weicher Schildfarn<br />

(Polystichum spec.)<br />

Primeln i. Sorten Palmblatt Christrose<br />

(Helleborus foetidus)<br />

Scharbockskraut<br />

(Ranunculus ficaria)<br />

Buschwindröschen<br />

Anemone ranunculoides<br />

u. A. nemorosa<br />

Leberblümchen<br />

(Hepatica nobilis)<br />

Maiglöckchen<br />

27<br />

Gemeiner W<strong>ur</strong>mfarn<br />

(Dryopteris filix-mas)<br />

Efeu<br />

Sauerklee<br />

(Oxalis acetosella)<br />

NATUR MIT ALLEN SINNEN ERLEBEN<br />

Klaus Hübner, Bildungsreferent beim Landesbund für Vogelschutz in Bayern, D-Hilpoltstein.<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong>erziehung im <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>kinder<strong>garten</strong> Hilpoltstein<br />

Der Landesbund für Vogelschutz in Bayern e. V. ist seit 1996 als einziger <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>schutz-verband in<br />

der Bundesrepublik Deutschland Träger eines eigenen Kinder<strong>garten</strong>s. Ausgehend von über<br />

10jähriger Erfahrung in der Fortbildung von Erzieherinnen und in der Außengeländegestaltung<br />

von Kindertagesstätten will der Verband zeigen, daß die Vielzahl von Methoden<br />

umweltpädagogischer Arbeit in diesem Bereich nicht n<strong>ur</strong> ein mehrtägiges oder wöchiges Projekt<br />

in einer solchen Einrichtung trägt, sondern als Grundlage für den tagtäglichen<br />

Kinder<strong>garten</strong>betrieb dienen kann.<br />

Mit diesem Schritt positionierte sich der LBV auch in der Gesellschaft neu. Neben den Aufgaben<br />

eines klassischen <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>schutzverbandes übernahm er in einem ganz anderen und für den<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong>schutz neuen Bereich soziale Verantwortung und reihte sich in die Riege der klassischen


Träger solcher Arbeit wie Kirchen, Gemeinden, Arbeiterwohlfahrt etc. ein. Dad<strong>ur</strong>ch w<strong>ur</strong>de der<br />

Gedanke der nachhaltigen gesellschaftlichen Entwicklung in neuem Kontext lebendig.<br />

Außengelände des arche noah kinder<strong>garten</strong>s<br />

Um es gleich vorweg zu nehmen, das Außengelände des arche noah kinder<strong>garten</strong>s ist in der<br />

pädagogischen Konzeption gleichberechtigt zu den Innenräumen gesehen. Das heißt, nicht n<strong>ur</strong><br />

die Kinder können wann immer sie wollen in das Außengelände, auch in den Überlegungen z<strong>ur</strong><br />

täglichen pädagogischen Arbeit hat das Außengelände den gleichen Stellenwert wie die<br />

Spielbereiche im Inneren des Hauses.<br />

Drei Grundideen waren es, die bei der Anlage des Außengeländes des arche noah kinder<strong>garten</strong>s<br />

des LBV eine wichtige Rolle spielten:<br />

1. Harmonische Formen rufen harmonische Reaktionen hervor<br />

Dieser Satz von Hugo Kükelhaus, dem Initiator des Erfahrungsfeldes z<strong>ur</strong> Entfaltung der Sinne,<br />

beeinflußte ganz stark viele Elemente der Außenanlage. Nicht der rechte Winkel bestimmt hier<br />

das Bild der Außenanlage, sondern geschwungene, organische Formen. Insgesamt ist das<br />

Außengelände so gestaltet, daß sich kleinräumig ein Gelände darstellt, das den<br />

Landschaftspräferenzen von Kindern entspricht, d. h. offene Park- und Waldland-schaften in<br />

natürlicher Modellierung – eine Umgebung, die auf die menschlichen Sinnes-organe optimal<br />

zugeschnitten ist.<br />

2. <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>erlebnisräume für Kinder<br />

Die einzelnen Bereiche des Außengeländes sind in verschiedene Nischen eingeteilt, die d<strong>ur</strong>ch die<br />

Anböschung im Zaunbereich sowie d<strong>ur</strong>ch Gebüsch- und Staudenzungen voneinander getrennt<br />

sind. Hier entsteht für jedes Element der Eindruck eines eigenen kleinen Raumes, in dem sich die<br />

Kinder ungestört von anderen ihrer Beschäftigung widmen können.<br />

Diese Art der Außengeländegestaltung weckt auch die Neugier, da nicht alle Elemente auf einen<br />

Blick zu erfassen sind, sondern sich immer hinter der nächsten Wegbiegung oder der nächsten<br />

Erhebung etwas Neues dem Kind eröffnen kann. Selbstverständlich handelt es sich bei der<br />

Bepflanzung ausschließlich um heimische Stauden, Sträucher und Bäume, die die entsprechende<br />

heimische Tierwelt nach sich ziehen und die Kinder so die Gelegenheit haben, beispielsweise an<br />

einem <strong>Nat</strong>ternkopf eine Vielzahl von Wildbienen, Schwebfliegen oder anderen<br />

blütenbesuchenden Insektenarten zu beobachten.<br />

3. Permanentes Trainingsfeld motorischer Entwicklung<br />

Im Außengelände des arche noah kinder<strong>garten</strong>s findet sich kaum ein Quadratmeter ebene<br />

Fläche. Es wechseln sich im gesamten Gelände unterschiedliche Böschungsneigungen,<br />

unterschiedliche Untergründe, Spielgeräte mit hohem Aufforderungscharakter für die Kinder etc.<br />

miteinander ab.<br />

Das heißt, in dem Moment, in dem die Kinder das Außen-gelände betreten, ist ihre Grob- und<br />

Feinmotorik ganzheitlich und permanent gefordert. Dies läßt uns auch leicht auf die in vielen<br />

Einrichtungen obligatorische „T<strong>ur</strong>nstunde“ verzichten. Auch Kinder auf Sonderplätzen mit<br />

Bewegungseinschränkungen finden sich in dem Gelände gut z<strong>ur</strong>echt.<br />

Nach den Beobachtungen der letzten Jahre läßt sich sagen, daß sich jedes Kind nach seinen<br />

eigenen Möglichkeiten die entsprechenden Anforderungen aussucht und sich dabei langsam an<br />

28


die Grenzen seines körperlichen Vermögens herantastet und so seine Fähig-keiten in diesem<br />

Bereich optimal entwickelt.<br />

Im einzelnen finden sich im Außengelände des arche noah kinder<strong>garten</strong>s des LBV folgende<br />

Elemente: Sandspielbereich mit Wasserlauf, Matsch- und Bauecke, Feuerstelle, Schaukel-bereich,<br />

Trampolin, Spielhügel, Sitzplätze, Obstbäume und Sträucher, große Spielwiese, Kinderbeete,<br />

Weidentiere und -tunnel, Gebüschreihen bzw. Stauden, Duftecke.<br />

Strukt<strong>ur</strong>en im Inneren des Hauses<br />

Die Räume des arche noah kinder<strong>garten</strong>s sind in verschiedenste Spiel- und Arbeitsbereiche<br />

aufgeteilt, die den Kindern in ihrer Freispielzeit z<strong>ur</strong> Verfügung stehen:<br />

Baustelle Hier dominieren selbstgemachte Bausteine, Holztiere und <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>materialien das Bild und<br />

laden zum nachahmenden, konstruierenden und ausladenden Spiel ein.<br />

Spielwiese Hier ist die Atmosphäre ruhig und konzentriert. Es befinden sich dort alle didaktischen<br />

Materialien, das Montessori-Material und die Gesellschaftsspiele.<br />

Atelier Hier finden die Kinder einen Tontisch, eine Holzwerkstatt, einen großen Mal- und<br />

Klebebereich sowie eine Nähstube, um schöpferisch tätig zu sein.<br />

Träumeland Zum Entspannen ziehen sich die Kinder in diesen Raum z<strong>ur</strong>ück, in dem Lichtspiele,<br />

Klang- und Duftelemente die Sinne stimulieren.<br />

Bewegungsraum Mit seinen Rhythmik- und Psychomotorikmaterialien lädt er z<strong>ur</strong> Körpererfahrung<br />

d<strong>ur</strong>ch Bewegungsanreize, zum Powern und an Grenzen gehen ein – für alle, die im Moment keine<br />

Lust haben, nach draußen zu gehen.<br />

Rollenspielzimmer Kleiderfundus und Wohnungseinrichtungsgegenstände laden dazu ein, in andere<br />

Rollen und manchmal andere Welten zu schlüpfen.<br />

Forscherzentrum Hier stehen den Kindern Sachbücher, Lupen und Bestimmungshilfen z<strong>ur</strong><br />

Verfügung, um Erlebtes zu vertiefen. Phänomene wie Magnetismus können hier ebenso spielerisch<br />

erlebt werden wie Lichtbrechungseffekte d<strong>ur</strong>ch Kaleidoskope und Prismen.<br />

Küche Dies ist ein Ort der Begegnung und Kommunikation. Die Kinder können immer dann, wenn<br />

sie Hunger haben, zum Essen gehen. Einzige Regel: Sie dürfen nicht aus der Brotzeitdose essen,<br />

sondern „müssen“ Teller, Besteck und Tassen verwenden.<br />

Ökologisch-orientierte, integrative Arbeitsweise<br />

Wir gehen grundsätzlich davon aus, daß jeder Mensch einzigartig ist und damit ver-schiedene<br />

Fähigkeiten und Schwächen hat. Unter Integration im Kinder<strong>garten</strong> verstehen wir, daß Kinder<br />

aller <strong>Nat</strong>ionen, jeder Konfession, jeder körperlichen und geistigen Individualität miteinander<br />

leben. Dad<strong>ur</strong>ch werden die Kinder in ihrer Persönlichkeit akzeptiert und gefördert.<br />

Das Kind wird mit seinen Besonderheiten akzeptiert und nicht auf ein Normbild hin erzogen,<br />

geheilt, repariert. Integrative Arbeit heißt nicht Isolierung und Aussonderung d<strong>ur</strong>ch therapeutische<br />

Maßnahmen, sondern gezielte Unterstützung finden – und zwar als Angebot und Förderung<br />

innerhalb des Alltags in unserer Einrichtung. Jedes Kind bekommt dabei die Zeit, die es braucht<br />

und kann sich so optimal nach seinem Entwicklungsstand weiterentwickeln.<br />

29


Gerade in und mit der <strong>Nat</strong><strong>ur</strong> werden alle Wahrnehmungsbereiche angesprochen, z. B. beim<br />

Laufen über den unebenen Waldboden mit Ästen und W<strong>ur</strong>zeln wird, vom Kind gänzlich<br />

unbemerkt, sein Gleichgewichtssinn geschult – so findet eine natürliche und vielfältige<br />

Sinnesförderung statt!<br />

Im gemeinsamen Leben und Lernen behinderter und nichtbehinderter Kinder kommt die<br />

Individualität d<strong>ur</strong>ch das gegenseitige Geben und Annehmen unterschiedlicher Hilfen zum<br />

Ausdruck. Alle Kinder erfahren, daß jeder Mensch in bestimmten Lebenssituationen<br />

unterschiedliche Hilfsangebote braucht, und daß alle in der Lage sind, Hilfen zu geben.<br />

Als Erlebnisräume dafür dienen so oft wie möglich nat<strong>ur</strong>nahe Plätze sowohl im Außen-gelände<br />

als auch in der näheren Umgebung des arche noah kinder<strong>garten</strong>s, sowie gezielte mehrwöchige<br />

Projekte, die in reizvollen Landschaften stattfinden.<br />

Wenn Pestalozzi sagt, daß die ersten Lehrmeister der Philosophie unsere Hände und Füße sind,<br />

so versuchen wir, diesen Gedanken im arche noah kinder<strong>garten</strong> umzusetzen und das Vermitteln<br />

und Lernen d<strong>ur</strong>ch Beobachtung und Experimentieren zu stärken.<br />

Unserer Ansicht nach lernt das Kind am besten die sichtbare und natürliche Umwelt kennen,<br />

wenn es selbst beobachtet und selbst darin experimentiert, kein noch so gut geartetes<br />

aufbereitetes Medium kann primäre Erfahrungen im direkten Umgang mit den Dingen ersetzen.<br />

Unsere Ziele sind:<br />

- mit Leib und Seele und Geist im Einklang zu leben, d<strong>ur</strong>ch ganzheitliches Erleben und d<strong>ur</strong>ch<br />

ganzheitliches Erfahren mit allen Sinnen,<br />

- größtmögliche Selbständigkeit d<strong>ur</strong>ch Selbsttätigkeit zu erreichen,<br />

- ein achtsamer und wertschätzender Umgang mit sich selbst, seinem Nächsten und der <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>,<br />

- sich selbst in der Gruppe und als Teil der Gemeinschaft zu erfahren und dad<strong>ur</strong>ch<br />

gruppendynamische Prozesse bewußt zu erleben,<br />

- unter Berücksichtigung der sensiblen Phasen zu leben und zu lernen.<br />

Voraussetzung dafür ist eine vorbereitete Umgebung, die anregt, aktiv zu werden, die ordnet, um<br />

ein Neben- und Miteinander zu ermöglichen, dem Kind aber auch die Möglichkeit gibt, sich<br />

z<strong>ur</strong>ückzuziehen und in Ruhe seinen Gedanken nachzugehen.<br />

Unsere pädagogischen Mitarbeiterinnen sehen wir als Wegbegleiterinnen, die dem Kind<br />

Unterstützung und Beistand bieten, damit es seinen Weg erkennt, seine Ziele angehen und<br />

umsetzen und sein Handeln selbständig gestalten kann.<br />

LBV: <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>erlebniskoffer. Über 100 Spielanleitungen und Experimente.<br />

DM 398,-- Bezug: Landesbund für Vogelschutz Bayern, Dieselstr. 2, 91161 Hiltpoltstein.<br />

Tel. 09174/47750 Fax 09174/477557.<br />

Im <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>erlebniskoffer Wald-Wasser-Wiese findet der Lehrer/In alles, was man braucht, um<br />

mit einer Klasse <strong>Nat</strong><strong>ur</strong> in verschiedenen Lebensräumen zu erleben. Einfache Experimente,<br />

spielerische <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>erfahrung und das Erforschen unserer Umwelt mit allen Sinnen<br />

kennzeichnen die über 100 Spielanleitungenund Experimentiervorschläge in diesem<br />

Holzkoffer aus der Produktion einer Behindertenwerkstatt. Von der Becherlupe über<br />

Tierbestimmungskarten, Duftspiel bis zum Insektensauger ist alles enthalten, was Schüler<br />

brauchen, um Schönheit und Faszination unserer natürlichen Umgebung zu entdecken.<br />

Nachbestellung von Einzelteilen möglich. Der Koffer ist ein Renner.<br />

30


LBV: Kinder<strong>garten</strong>-Schatzkiste. Über 100 Spielanleitungen und Experimente. DM 689,--<br />

Bezug: Landesbund für Vogelschutz Bayern, Dieselstr. 2, 91161 Hiltpoltstein. Tel.<br />

09174/47750 Fax 09174/477557.<br />

Die Neuentwicklung des LBV läßt das herz von Kinder<strong>garten</strong>leiterinnen höher schlagen. Mit<br />

ihr werden Wald, Wasser und Wiese zum aufregenden Spielplatz. Die wunderschöne<br />

Schatzkiste aus Holz (aus Behinderten-Werkstatt) enthält über 100 <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>erfahrungsspiele,<br />

einfache Experimente und vieles mehr. Enthalten ist auch das große LBV<br />

Kinder<strong>garten</strong>buch. Nachbestellung von Einzelteilen möglich.<br />

Literat<strong>ur</strong>: LBV: Das große LBV Kinder-<strong>Garten</strong>-Buch. 78 Seiten. DM 39,80. Bezug: siehe<br />

oben.<br />

EIDECHSEN ODER KATZEN? ERFAHRUNGEN EINES<br />

EIDECHSENZÜCHTENDEN HOBBYGÄRTNERS<br />

AUS 10JÄHRIGEM NAHKAMPF<br />

Tilmann Sommerien ist begeisterter Hobby-<strong>Nat</strong><strong>ur</strong>gärtner mit besonderer Vorliebe für<br />

Zauneidechsen, D – Donauwörth<br />

31


NATUR-ERLEBNIS-GÄRTEN. EINE BILDERREISE IN EINE NEUE<br />

DIMENSION VON NATURGÄRTEN<br />

Dr. Reinhard Witt, Biologe und Jo<strong>ur</strong>nalist, Vorstand <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong> e.V., Ottenhofen<br />

Die Weiterentwicklung der <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong>idee im vergangenen Jahrzehnt hat einen neuen,<br />

modernen, zukunftsweisenden <strong>Garten</strong>typ geschaffen, den <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>-Erlebnis-<strong>Garten</strong>. <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>-<br />

Erlebnis-Gärten sind im Grunde nat<strong>ur</strong>nahe Gärten mit einem besonders hohen Erlebniswert für<br />

die Bewohner. Der <strong>ur</strong>sprünglich aus der Geschichte geborene Anspruch, dass <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>gärten ein<br />

Abbild der sie umgebenden Landschaft sein sollen, tritt hier stark z<strong>ur</strong>ück gegenüber einer neuen<br />

Öffnung. Nicht die Region und ihre typischen Pflanzen stehen im Vordergrund, sondern der<br />

Erlebniswert solcher <strong>Garten</strong>anlagen. Es geht hier nicht um die Bewahrung von<br />

Wildpflanzenarten, die sich d<strong>ur</strong>ch Gärten sowieso nicht retten lassen, sondern um eine möglichst<br />

vielfältige, an Sinneseindrücken reiche Welt, die gleichzeitig voll tierischen Lebens steckt. In<br />

diesem Sinne wird die Pflanzensoziologie untergeordnet: Die Pflanzenlisten in <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>-Erlebnis-<br />

Gärten schreiben keine Botaniker und Artenschützer, sondern Gärtner. Und wie alle Gärtner sind<br />

auch <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>gärtner kreative Gestalter. Sie schaffen Lebensräume mit heimischen Pflanzen und<br />

zaubern damit menschengemachte Paradiese. Mit ihren natürlichen Formen, betörenden Düften,<br />

den dezenten Farben, der Harmonie der Jahreszeiten und vor allem mit ihrer Tierwelt sprechen<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong>-Erlebnis-Gärten Menschen im Herz an. Besonders Kinder sind berührt von dieser neuen<br />

Qualität eines Lebensraums <strong>Garten</strong> und möchten, einmal da, so bald nicht wieder weg. Ihnen<br />

gehört die Zukunft, und deshalb ist es uns eine ethische Verpflichtung, den <strong>Garten</strong> so zu<br />

schaffen, dass er keine vergängliche Mode sei nach Hochglanzkatalogen, sondern in sich, tief im<br />

Inneren verborgen Werte bietet. Überlebenswerte. Grundsätzlich unetrscheiden sich <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>-<br />

Erlebnis-Gärten von konventionellen Gärten d<strong>ur</strong>ch folgende Merkmale:<br />

Vergleich zwischen<br />

herkömmlichen und <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>-Erlebnis-Anlagen<br />

Herkömmliche Außenanlage <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>-Erlebnis-Außenanlage<br />

Anstehender Rohboden wird mit<br />

unkrauthaltigem Oberboden überdeckt<br />

Unkrauthaltiger Oberboden wird<br />

standardmäßig auf alle Pflanz- und<br />

Saatflächen planiert. Dad<strong>ur</strong>ch nährstoffreiche<br />

Flächen.<br />

Bodenverbesserung vorwiegend mit<br />

ortsfremden Material wie Torf, Hygromull,<br />

synthetische Dünger<br />

Sand und Kies werden von Baustelle<br />

abgefahren oder mit Oberboden abgedeckt<br />

Boden<br />

Verwendung und Begrünung des unkrautfreien<br />

Rohbodens<br />

Oberboden wird n<strong>ur</strong> ausnahmsweise verwendet.<br />

Dad<strong>ur</strong>ch nährstoffarme (magere) Flächen.<br />

33<br />

Bodenverbesserung mit lokalem Kompost<br />

Sand und Kies werden besonders gern begrünt


Gar nicht oder zu wenig modelliertes Gelände Stark modelliertes Gelände<br />

Neue Baustoffe wie L-Steine,<br />

Betonstützmauer, Pflanzringe, Beton-,<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong>stein-, Ziegelpflaster<br />

Baustoffe<br />

Bauten<br />

34<br />

Wiederverwendung gebrauchter Baustoffe<br />

(Bauschutt, Betonabbruch, Aushub vom<br />

Gelände)<br />

Bei der Gestaltung überwiegen gerade Linien Bei der Gestaltung überwiegen natürliche runde<br />

und geometrische Formen<br />

organische Formen<br />

Technische Nutzung überdimensioniert Technische Nutzung mit Augenmaß<br />

Große versiegelte Verkehrsflächen Kleinmöglichste Versiegelung<br />

Vegetationsfeindliche Bauweise mit Vegetationsoffene Fugen, Vegetation<br />

abgedichteten Fugen, angepaßt an<br />

Bedürfnisse von Kehrmaschine, Schneepflug<br />

und Laubsauger<br />

ausdrücklich erwünscht und eingesät<br />

Ritzenvegetation unerwünscht und bekämpft Ritzenvegetation erwünscht<br />

Entwässerung über Rohrleitungen und andere Entwässerung über Oberflächenversickerung<br />

technische Bauweisen (Rückhaltebecken,<br />

Rigolen)<br />

oder in Wasserspielgelände oder <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>teiche<br />

Starre Randbefestigung (Einzeiler auf<br />

Betonbett)<br />

Unstarre Randbestigung (Kies, Schotter)<br />

Starre Gründung (Beton) Unstarre Gründung (Kies, Schotter)<br />

Zäune Wildsträucherhecken und Wildblumensäume<br />

Besiedlung der Bauwerke d<strong>ur</strong>ch Pflanzen und Besiedlung ausdrücklich erwünscht (z.B.<br />

Tiere auf keinen Fall erwünscht<br />

Pflaster, Trockenmauern, Wegränder)<br />

Technische Spielgeräte, Sitzgelegenheiten N<strong>ur</strong> beschränkter Einsatz von Katalogware.<br />

und Spielräume aus dem Katalog<br />

<strong>Nat</strong>ürlich gebaute Spiellandschaften,<br />

Sitzgelegenheiten/Spielräume.<br />

Pflanzen<br />

Schwerpunkt fremdländische und Fast ausschließlich heimische Wildpflanzen und<br />

Zierpflanzen<br />

nat<strong>ur</strong>nahe Zuchtformen<br />

D<strong>ur</strong>ch Abdeckung mit nährstoffreichem D<strong>ur</strong>ch Anpassung an örtliche Gegebenheiten<br />

Oberboden geringe Vielfalt<br />

und Standortveränderungen große Vielfalt<br />

Artenarmut. Großflächige Verwendung Artenvielfalt. Differenzierte Pflanzenauswahl<br />

weniger Pflanzenarten<br />

für viele Standorte.<br />

Pflanzabstände gleich Pflanzabstände variabel<br />

Schwerpunkt bei Gehölzen und Großbäumen Kein Schwerpunkt. Gehölze, Bäume, Stauden,<br />

Zwiebeln und Einjährige sind gleichwertig.<br />

Gehölzpflanzungen totgemulcht, ohne Gehölzpflanzungen n<strong>ur</strong> mit passender<br />

begleitende Krautschicht. Keine Säume. Krautschicht. Ansaat oder Pflanzung von


Säumen.<br />

Artenarme Rasenansaaten Artenreiche Blumenrasen oder Blumenwiesen<br />

Keine „Giftpflanzen“ Giftpflanzen als umwelterzieherischer Auftrag.<br />

Einschränkung n<strong>ur</strong> bei Kleinkindern<br />

Keine Gehölze mit „Dornen“ und „Stacheln“ Dornen- und Stachelsträucher bewußt als<br />

Abgrenzung<br />

Wenig Lebensmöglichkeiten für Tiere Ausgesprochen vielfältige Lebensbedingungen<br />

für Tiere<br />

Großer Pflegeaufwand bis z<strong>ur</strong> Etablierung der<br />

Pflanzung<br />

Pflege d<strong>ur</strong>ch Aussenstehende. Pflegepersonal<br />

muß n<strong>ur</strong> über wenig Kenntnisse verfügen.<br />

Ungelernte Arbeiter.<br />

Pflege verhindert natürliche dynamische<br />

Veränderungen der Pflanzflächen<br />

Pflege<br />

Standortgerechte Pflanzenwahl, nährstoffarme<br />

Böden und unkrautfreie Böden erfordern wenig<br />

35<br />

Pflege.<br />

Pflege mit Benutzern n<strong>ur</strong> mit hochqualifizierter<br />

Anleitung. Externes Pflegepersonal muß über<br />

hohes Fachwissen verfügen.<br />

Pflege ermöglich natürliche Pflanzendynamik.<br />

Pädagogik<br />

Keine oder zu geringe Benutzerbeteiligung Hohe und intensive Benutzerbeteiligung bei<br />

bei der Planung<br />

Planung.<br />

Keine oder zu geringe Benutzerbeteiligung Hohe und intensive Benutzerbeteiligung beim<br />

beim Bau der Anlage.<br />

Bau der Anlage.<br />

Keine oder zu geringe Benutzerbeteiligung Hohe und intensive Benutzerbeteiligung bei<br />

bei der Pflege.<br />

Pflege.<br />

Quelle der Tabelle<br />

Witt, Reinhard: Der <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong>. Lebendig, schön, pflegeleicht. Pflanzvorschläge für alle<br />

Standorte. BLV Verlag, München <strong>2001</strong>.<br />

Literat<strong>ur</strong><br />

Witt, Reinhard: Der <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong>. Lebendig, schön, pflegeleicht. Pflanzvorschläge für alle<br />

Standorte. BLV Verlag, München <strong>2001</strong>.<br />

Witt, Reinhard: Wildpflanzen für jeden <strong>Garten</strong>. 1000 heimische Blumen, Stauden, Sträucher.<br />

Anzucht, Pflanzung, Pflege. BLV Verlag, München 1996.<br />

PFLEGEN WIR UNSERE BLUMENWIESEN ZU TODE ?<br />

ZUM DIFFERENZIERTEN UMGANG MIT WILDBLUMEN-BIOTOPEN<br />

IN GARTEN UND LANDSCHAFT<br />

Dipl. Ing. Johannes B<strong>ur</strong>ri, Projektleiter Wildblumen, UVA-Samen, CH-Winterth<strong>ur</strong>


Nein - sicher nicht! Blumenwiesen sind so tolerant, dass sie auch eine grundfalsche<br />

Pflege ertragen. Viele Arten werden mit einer unangepassten Pflege fertig,<br />

vorausgesetzt die Pflegerin oder der Pfleger entpuppen sich nicht als<br />

WiederholungstäterIn...<br />

Einige Grundsätze können aber helfen, die Wiese in ihrer vollen Arten - und<br />

Formenvielfalt, in ihrer ganzen Schönheit und Eigenwilligkeit zu erhalten.<br />

Die folgenden Merkpunkte beziehen sich n<strong>ur</strong> auf Wiesen, die mindestens ein Jahr alt<br />

sind (einmal überwintert haben) und den Namen „Wiese“ verdienen.<br />

Auf die Pflege von Neuansaaten und die Betreuung von anderen<br />

Pflanzengesellschaften (z.B. Hochstaudensäume) kann in diesem Referat nicht<br />

eingegangen werden.<br />

Grundsatz<br />

Machen Sie ruhig Fehler, unterlassen Sie aber Wiederholungssünden<br />

Eine unsachgemässe Pflege, genauer ein falscher Schnittzeitpunkt, ein schlecht<br />

eingestelltes oder ein ungeeignetes Werkzeug, eine überflüssige Düngung oder eine zu<br />

gut gemeinte Bewässerung, erträgt jede Wiese ohne Schaden. Problematisch wird es<br />

erst dann, wenn der gleiche Fehler jährlich wiederholt wird.<br />

Pflegekonzepte<br />

Weg mit engmaschigen Pflegekonzepten<br />

Zwischen dem Boden- und dem Genfersee finden wir nicht zwei identische Wiesen.<br />

Jede Wiese ist also ein Unikat, eine kleine eigenwillige Persönlichkeit. Persönlichkeiten<br />

verlangen eine individuelle Pflege. Auch das Wetter und andere Einflüsse tragen dazu<br />

bei, dass es kein allgemeingültiges Pflegekonzept für artenreiche Wiesen gibt. Wer also<br />

st<strong>ur</strong> irgendwelche Pflegeanleitungen befolgt, wird seinen Wiesen mehr schaden als<br />

nützen. Viel besser als ein gutgemeinter, ausführlicher Pflegeplan sind offene Augen<br />

und ein wacher Verstand...<br />

.<br />

Schnitt<br />

Erster Schnitt, immer in Etappen<br />

Artenreiche Wiesen sollten immer in Etappen gemäht werden. Am besten unterteilt man<br />

die Anlage in gleichwertige Teilflächen und verteilt den Heuen auf mindestens 2 – 4<br />

Wochen. Auf einmal sollte nie mehr als die halbe Fläche gemäht werden.<br />

Am Gesicht der Wiese lässt sich der richtige Schnittzeitpunkt ablesen.<br />

Grundsätzlich gilt, je magerer eine Wiese, desto später wird gemäht, je fetter, desto<br />

früher. Als Leitpflanze kann die Margitte dienen: Lässt sie ihre weissen Kronblätter<br />

hängen, ist es an der Zeit, die Sense hervorzunehmen. Keine Angst vor einem (zu)<br />

frühen Schnitt.<br />

36


Der zweite Schnitt bringt eine zweite Chance<br />

Der Frühling gehört den Gräsern. Vor dem ersten Schnitt fehlt es deshalb vielen<br />

Blumen an Platz (und an Zeit) um keimfähige Samen zu bilden. Während des Sommers<br />

kommen die meisten Wiesenblumen nochmals in die Blüte. Bis zum zweiten Schnitt<br />

haben sie dann genügend Platz, Licht und Zeit, um abzusamen.<br />

Heuen macht Spass<br />

Die Hand- und Motorsense und der Motormäher mit Messerbalken sind geeignete<br />

Geräte, um auch überständiges Heugras sauber und dennoch nicht zu tief zu mähen.<br />

Das Schnittgut bleibt zum Trocknen immer auf der Parzelle. Zum richtigen Heuen<br />

gehört auch das Zetten und Wenden des Futters.<br />

Erst das trockene, würzig duftende Heu oder Emd wird zusammengenommen und<br />

eingebracht. Kleinviehzüchter sind dankbare Abnehmer für schmackhaftes Rauhfutter.<br />

Apropos Mulchen<br />

Mulchen und liegenlassen des Schnittgutes ist die zweitschlechteste Pflegemethode,<br />

„kein Schnitt“ die schlechteste. Mulchen ist n<strong>ur</strong> als absolute Ausnahme tolerierbar.<br />

Wiederholtes Nichtmähen von Wiesen führt zu einem sichtbaren Artenverlust.<br />

Kein Schnitt, wenn nichts zu holen ist<br />

Nehmen wir uns den Profi, den Landwirt zum Vorbild. Heuen macht n<strong>ur</strong> dann Sinn,<br />

wenn etwas zu holen ist. Magerwiese und Trockenrasen können im Extremfall n<strong>ur</strong> alle 2<br />

Jahre gemäht werden, während eine Wiese auf einem fettem Boden 3 bis 4 Schnitte<br />

pro Jahr bringt.<br />

Nicht frisch- und nicht ungemäht einwintern<br />

Ungemähte Wiesen sind ein Tummelfeld für Mäuse. Die abgestorbenen Halme bilden<br />

über den Winter eine „Matratze und beeinträchtigen so eine zügige Entwicklung im<br />

Frühling.<br />

Frischgeschnittene Blumen werden während der Vegetationsruhe manchmal von Pilzen<br />

befallen. Als Eintrittspforten dienen vermutlich die frischen Blatt- und<br />

Stengelverletzungen, ver<strong>ur</strong>sacht d<strong>ur</strong>ch einen zu späten Schnitt.<br />

Bewässerung<br />

Auch wenn der Sommer heiss und trocken wird und sich die Wiese braun und rot<br />

verfärbt, ist eine künstlichen Bewässerung nicht nötig.<br />

Düngung<br />

Stickstoff fördert die Gräser und macht die Narbe dichter und belastungsfähiger. Eine<br />

schwache N-Düngung ist also höchstens in stark betretenen Blumenrasen angebracht.<br />

Blumenwiesen werden grundsätzlich nicht gedüngt.<br />

Ausnahme: Artenreiche Fromentalwiesen, traditionelle Heuwiesen, die sich ohnehin<br />

schon auf einem tiefen Stickstoffniveau befinden, reagieren positiv auf eine leichte<br />

Mistgabe im Herbst. Im Mist sind drei Viertel des Stickstoffes langfristig gebunden. Die<br />

Mistklumpen „öffnen“ die Narbe und schaffen Platz für neue Sämlinge.<br />

37


Problem-Unkräuter<br />

Unkräuter in Blumenwiesen sind oft n<strong>ur</strong> ein optisches Problem. Zudem verläuft die<br />

Grenze zwischen „erwünschten Blumen“ und „hässlichem Unkraut“ fliessend...<br />

Bei den folgenden Tipps muss dieser Tatsache Rechnung getragen werden:<br />

- Einjährige Arten verschwinden meistens von alleine. Sie sind nicht schnittverträglich.<br />

- Gegen Weissklee hilft n<strong>ur</strong> die Zeit und ein extensives Schnittregime. Er wird kaum<br />

ganz verschwinden aber sich mit den Jahren diskreter verhalten.<br />

- Quecken fürchten sich am meisten vor dem Klappertopf.<br />

- Gegen Ampfer wirkt ebenfalls die Zeit, das sinkende N-Niveau, die Ampferkäfer und<br />

der gute alte Ampferstecher. Mit Schere und Papiersack kann man das weitere<br />

Absamen verhindern.<br />

- Ackerkratzdisteln hassen es, wenn sie k<strong>ur</strong>z vor der Blüte geköpft werden.<br />

- Gegen den Löwenzahn hilft am ehesten etwas Toleranz und das Wissen der<br />

Grossmutter: Getrocknete Löwenzahnw<strong>ur</strong>zeln sind ein wunderbares Heilmittel<br />

gegen Magenverstimmungen...<br />

DIE BESTEN BLUMENWIESEN-MISCHUNGEN AUS DEM<br />

FACHHANDEL? AUSWERTUNG DES SAATGUTTESTES DER<br />

SÄCHSISCHEN LANDESANSTALT FÜR LANDWIRTSCHAFT IN<br />

DRESDEN-PILLNITZ<br />

Dr. Reinhard Witt, Biologe und Jo<strong>ur</strong>nalist, Vorstand <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong> e.V., Ottenhofen<br />

In einem vierjährigen Feldversuch ermittelte der Fachbereich <strong>Garten</strong>bau und Landespflege der<br />

Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft, welche extensiven Blumenwiesenmischungen aus<br />

dem Fachhandel qualitativ hochwertig sind.<br />

Getestet w<strong>ur</strong>den 20 Mischungen von allen bekannten Anbietern Deutschlands. Darunter fielen<br />

• 10 Fettwiesen<br />

• 6 Magerwiesen<br />

• 4 Wärmeliebende Säume<br />

38


Die Bewertungen fielen sehr unterschiedlich aus. Es gab<br />

• 9 x empfehlenswert<br />

• 11 x nicht empfehlenswert<br />

Über die Versuche wird eine ausführliche Studie mit allen Daten erstellt und im Frühjahr<br />

veröffentlicht: Blumenwiesen-Mischungen im Vergleich. Handelssaatgut im Test der<br />

Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft. Infos bei <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong> e.V., Postfach 43 09 06,<br />

80739 München. Tel/Fax: 089/ 52 34 770.<br />

Erfahrungen mit Handelssaatgut<br />

Blumenwiesen sind ein heikles Thema. Zehntausende von <strong>Garten</strong>besitzern haben dies schon<br />

erfahren müssen, wenn sie Saatgut aus dem <strong>Garten</strong>center kauften: Im ersten Jahr blüht es im<br />

Haus<strong>garten</strong> wunderbar, danach kommt aber nichts mehr. Solche Mischungen sind ein Betrug am<br />

Kunden. Die Negativerfahrungen reichen lange z<strong>ur</strong>ück.<br />

Marktsituation<br />

Der Markt der Anbieter von Blumenwiesen-Saatgut ist relativ übersichtlich, das Angebot<br />

dementsprechend begrenzt. Neben einigen grossen, zum Teil global handelnden Firmen bringen<br />

einige mittelständische Firmen und einige Kleinbetriebe Saatgut auf den Markt. Vor allem<br />

letztere produzieren speziell heimisches Saatgut.<br />

Vorversuche des Sächsischen Landesanstalt<br />

Im Jahr 1994 startete die Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft Vergleichsansaaten<br />

von handelsüblichen Wildblumenmischungen. Ausgesät w<strong>ur</strong>de folgendes:<br />

1. Rasenmischung Blumenwiese (Baywa AG, München)<br />

2. Blumenwiese für kalkhaltige Böden (Julius Wagner GmbH, Heidelberg)<br />

3. Blumenwiese für lehmige Böden (Julius Wagner GmbH, Heidelberg)<br />

4. Blumenwiese für alle Böden (Julius Wagner GmbH, Heidelberg)<br />

5. M 414 Blumenwiese (Hesa, Darmstadt)<br />

6. Wildblumen- und Kräuterwiese (Feldsaaten Freudenberger, Krefeld)<br />

7. Blumenrasen (Feldsaaten Freudenberger, Krefeld)<br />

8. Kiepenkerl-Wildblumen Amerikanische Landblumenmischung (Nebelung, Münster)<br />

9. Kiepenkerl-Feld- und Ackerblumen (Nebelung, Münster)<br />

Die Ergebnisse der Vorversuche waren bereits sehr aufschlussreich und halfen, diesen<br />

Saatguttest zu entwickeln. Völlig ungeeignet waren die Mischungen Nr. 1, Nr. 6, Nr. 7, Nr. 8,<br />

Nr. 9. Es war unsinnig, sie in einen ausführlicheren Blumenwiesentest erneut aufzunehmen.<br />

Versuchsaufbau<br />

Die Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft mit dem Fachbereich <strong>Garten</strong>bau und<br />

Landespflege testete gängiges Saatgut für Wildblumenwiesen für den Galabau bzw. Hausgärten.<br />

Verglichen w<strong>ur</strong>den drei Standorttypen: 10 Fettwiesen, 6 Magerwiesen und 4 wärmeliebende<br />

Wildblumensäume (Hecken, Wald- und Wegränder). Der lehmige nährstoffreiche Oberboden<br />

(Ackerboden der Bonitätstufe 60) w<strong>ur</strong>de bei Magerwiesen und Wildblumensäumen d<strong>ur</strong>ch<br />

Abschieben von 10 cm Oberboden und Einfräsen von 10 cm mineralischem Substrat<br />

abgemagert. Bei Fettwiesen blieb er unverändert. Die Flächen w<strong>ur</strong>den nach der Kartierung im<br />

Sommer (Juni) jeweils gemäht, das Schnittgut w<strong>ur</strong>de abgeräumt. Im Herbst (Oktober) erfolgte<br />

eine zweite Mahd mit Abräumen, so dass die Bestände k<strong>ur</strong>z in den Winter gingen. Im Jahr 2000<br />

entwickelten sich die Magerwiesen und Säume so positiv, dass sie n<strong>ur</strong> einmal im Herbst gemäht<br />

werden mussten, wie es auch langfristig der Fall sein sollte.<br />

39


Die Anbieter im Überblick<br />

Getestet w<strong>ur</strong>den Mischungen von 10 Anbietern in Deutschland, die z<strong>ur</strong> Einsaat für extensive,<br />

pflegeleichte Blumenwiesen grundsätzlich in Frage kommen. Das Saatgut w<strong>ur</strong>de anonym<br />

beschafft, dabei alle bekannten und prominenten Anbieter von Wildblumensaatgut erfaßt. Einige<br />

Anbieter bzw. Mischungen fielen d<strong>ur</strong>ch die Erkenntnisse des Vorversuches von vorneherein weg<br />

(siehe oben). Das Saatgut ist entweder über <strong>Garten</strong>center zu erhalten oder direkt bei den<br />

Produzenten. Schon der erste Blick über die Zusammensetzung der Mischungen eröffnet krasse<br />

Unterschiede. So variiert etwa das Kräuter-Gräser-Verhältnis zwischen den Extremwerten 1,6 %<br />

Kräuter und 98,4 % Gräser oder 77 % Kräuter und 23 %. Zwei Mischungen enthalten überhaupt<br />

keine Gräser.<br />

Ebenso breit gestreut ist die Aussaatmenge. Etliche Anbieter mit gräserbetonten Mischungen<br />

verwenden 10-20 g Saatgut /m². Auf der anderen Seite scheinen aber auch sehr viel geringere<br />

Mengen ausz<strong>ur</strong>eichen, im Extremfall sind das n<strong>ur</strong> 1,2 g Saatgut/m². Die meisten Anbieten liegen<br />

zwischen 2-4 g/m².<br />

S A A T G U T P R O D U Z E N T E N I M B L U M E N W I E S E N T E S T<br />

Anbieter Wiesentyp Bezeichnung Kräuter/Gräs<br />

er<br />

Conrad Appel Fettwiese WPS Frischwiese +<br />

Grasgrundmischung für<br />

feuchte Standorte<br />

Conrad Appel Magerwiese WPS Kalkmagerrasen +<br />

Grasgrundmischung für<br />

trockene Standorte<br />

Conrad Appel Säume WPS Waldsaum +<br />

Grasgrundmischung für<br />

Deutsche<br />

Saatveredlung<br />

trockene Standorte<br />

40<br />

Aus<br />

saat<br />

men<br />

ge in<br />

g/m²<br />

30 / 70 2,9<br />

26 / 74 2,8<br />

27 / 73 2,9<br />

Fettwiese DSV 712<br />

Landschaftsrasen mit<br />

1,6 / 98,4 20<br />

Kräutern<br />

RSM 7.1.2.<br />

Fettwiese Glatthaferwiese GFG-M-<br />

340<br />

37,5/62,5 3<br />

Magerwiese Magerrasen GFG-M-341 36 / 64 5<br />

Gesellschaft für<br />

Grün<br />

Gesellschaft für<br />

Grün<br />

Hesa Fettwiese M 414 Blumenwiese 5 / 95 20


Hesa Magerwiese M 216 -<br />

Landschaftsrasen,<br />

Trockenlagen mit<br />

Kräutern<br />

41<br />

3 / 97<br />

RSM 7.2.2.<br />

Hof Berg<strong>garten</strong> Fettwiese Eldorado - Bäuerliche<br />

Blumenwiese +<br />

Gräsergrundmischung 1<br />

50 / 50 2<br />

Hof Berg<strong>garten</strong> Magerwiese Arcadia Kalkmagerwiese<br />

+ Gräsergrundmischung<br />

1<br />

25/ 75 2<br />

Hof Berg<strong>garten</strong> Säume Satyr - kalkreiche<br />

Saumgesellschaft +<br />

Gräsergrundmischung I<br />

25 / 75 2<br />

Julius Wagner Fettwiese Juliwa S 72 W'<br />

Blumenwiese Kelly<br />

25 / 75 3 - 5<br />

Raiffeisen<br />

Süddeutsche<br />

Saatzentrale<br />

Fettwiese Expona Blumenwiese 14 / 86 10<br />

Rieger-<br />

Hofmann<br />

Fettwiese Blumenwiese 50 / 50 4<br />

Rieger-<br />

Hofmann<br />

Magerwiese Magerrasen 30 / 70 4<br />

Rieger-<br />

Hofmann<br />

Säume Wärmeliebender Saum 100% Kr. 2<br />

Sperling Fettwiese <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>Aktiv-Insel Gala 4 100% Kr. 4<br />

Syringa-Samen Fettwiese Sonnige<br />

Wildblumenwiese<br />

77 / 23 1,2<br />

Syringa-Samen Magerwiese Wildblumen für die<br />

Fl<strong>ur</strong>,Magerwiese,<br />

Mischung 6a<br />

54 / 46 1,5<br />

Syringa-Samen Säume Wildblumen für die Hecke<br />

- sonniger Saum<br />

58 / 42 1,5<br />

Versuchsbedingungen<br />

Im Herbst 1997 w<strong>ur</strong>den auf den Freiflächen der Landesanstalt in Pillnitz auf 2000 m²<br />

Testansaaten der 20 Mischungen gemacht. Jede Testfläche ist 100 m² gross. Zwischen den<br />

Flächen befinden sich regelmässig gemähte Rasenstreifen. Gesät w<strong>ur</strong>de in den unkrautfreien, für<br />

die Aussaat optimal vorbereiteten, feinkrümeligen Boden. Das Saatgut w<strong>ur</strong>de mit Sand<br />

verdünnt, kreuzweise von Hand ausgestreut und anschliessend angewalzt. Eine Bewässerung war<br />

d<strong>ur</strong>ch die Aussaat im Herbst unnötig. Es liegt auf der Hand, dass die Ergebnisse n<strong>ur</strong> die<br />

Bedingungen der Pillnitzer Versuche wiederspiegeln können. Insofern kann auch die Bewertung<br />

n<strong>ur</strong> hierauf basieren.<br />

Datenerfassung<br />

Im Juni 1998 w<strong>ur</strong>den die Testflächen nach dem Verfahren von Braun-Blanquet das erste Mal<br />

kartiert, eine zweite Erfassung w<strong>ur</strong>de im Herbst 1998 vorgenommen. Die dritte Untersuchung<br />

erfolgte im Juni 1999, die vierte im Mai 2000. Vor und nach den Hauptkartierungen w<strong>ur</strong>den<br />

20


Auffälligkeiten und spezielle Arten während der ganzen Vegetationsperiode zusätzlich<br />

aufgenommen.<br />

Bewertungssystem nach Noten<br />

Es erwies sich als günstig, die verschiedenen Kategorien nach Noten zu bewerten wie sie auch<br />

im Schulbereich üblich sind. Dabei w<strong>ur</strong>den alle sieben Kategorien gleich bewertet. Dad<strong>ur</strong>ch<br />

w<strong>ur</strong>de eine grössere Differenzierung der Mischungen möglich. Es gab folgende sieben<br />

Bewertungskategorien:<br />

• Optik im ersten Blütejahr<br />

• Optik in den Folgejahren<br />

• Kult<strong>ur</strong>formen und Wildformen<br />

• Heimisch oder nichtheimisch<br />

• Ausgewogenes Mischungsverhältnis<br />

• Entwicklung<br />

• Eignung der Mischung<br />

Ausgehend von allen Bewertungskategorien w<strong>ur</strong>de dann die Gesamtbewertung<br />

ermittelt: empfehlenswert oder nicht empfehlenswert.<br />

Ergebnisse im Überblick<br />

Der Test offenbart gravierende Mängel in der Qualität des Blumenwiesen-Saatgutes im<br />

Fachhandel. Von 20 Mischungen erreichten n<strong>ur</strong> neun das Gesamt<strong>ur</strong>teil empfehlenswert. Elf<br />

Mischungen w<strong>ur</strong>den als nicht empfehlenswert eingestuft.<br />

Anbieter Optik<br />

1.<br />

Jahr<br />

Optik<br />

Folge<br />

jahre<br />

Zucht/<br />

Kult<strong>ur</strong><br />

formen<br />

Hei<br />

misch-<br />

Nicht<br />

heimisch<br />

Ausge<br />

wogenes<br />

Mi<br />

schungs<br />

verhältnis<br />

42<br />

Entwick<br />

lung<br />

Eig<br />

nung<br />

Bewertung<br />

Säume<br />

Appel 5 6 1 2 6 6 6 nicht empfehlenswert<br />

Hof<br />

Berg<strong>garten</strong><br />

6 4 1 1 3 3 3 empfehlenswert<br />

Rieger-<br />

Hofmann<br />

3 2 1 1 2 1 2 empfehlenswert<br />

Syringa<br />

Magerwiesen<br />

2 1 1 1 1 1 3 empfehlenswert<br />

Appel 5 4 1 1 3 3 5 empfehlenswert<br />

GfG 5 1 6 2 4 4 6 nicht empfehlenswert<br />

Hof<br />

Berg<strong>garten</strong><br />

4 4 1 1 2 3 3 empfehlenswert<br />

Hesa 4 6 6 6 6 4 6 nicht empfehlenswert<br />

Rieger-<br />

Hofmann<br />

3 5 1 1 5 5 4 nicht empfehlenswert<br />

Syringa<br />

Fettwiesen<br />

3 2 1 1 1 1 1 empfehlenswert<br />

Raiffeisen 1 1 6 6 6 3 5 nicht empfehlenswert<br />

Appel 3 4 1 1 4 5 5 nicht empfehlenswert<br />

DSV 5 3 6 4 6 4 6 nicht empfehlenswert<br />

GfG 4 5 6 1 5 3 6 nicht empfehlenswert<br />

Hof<br />

Berg<strong>garten</strong><br />

3 3 1 1 4 5 3 empfehlenswert


Juliwa 2 4 1 3 5 5 5 nicht empfehlenswert<br />

Rieger-<br />

Hofmann<br />

2 3 1 1 4 4 3 empfehlenswert<br />

Sperling 1 1 6 6 4 5 6 nicht empfehlenswert<br />

Syringa 1 1 1 1 2 2 1 empfehlenswert<br />

Hesa 2 4 6 4 6 5 6 nicht empfehlenswert<br />

Legende 1 = sehr gut 2 = gut 3 = befriedigend 4 = ausreichend 5 = mangelhaft 6 =<br />

ungenügend<br />

Adressen der Anbieter<br />

Conrad Appel<br />

Abt. Wildpflanzensamen<br />

Bismarckstraße 59<br />

64292 Darmstadt<br />

Deutsche Saatveredlung<br />

Weissenb<strong>ur</strong>gerstr. 5<br />

59557 Lippstadt<br />

Gesellschaft für Grün mbH<br />

Wehlingsweg 6<br />

45964 Gladbeck<br />

Hof Berg<strong>garten</strong><br />

Lindenweg 17<br />

79737 Herrischried<br />

Juliwa-Hesa GmbH<br />

Mittelgewann 13<br />

69123 Heidelberg-<br />

Wieblingen<br />

Raiffeisen<br />

Süddeutsche Saatzentrale<br />

Bräunlingerstraße 9<br />

78183 Hüfingen<br />

43<br />

Rieger-Hofmann GmbH<br />

Dorfstr. 110<br />

74572 Blaufelden-<br />

Raboldshausen<br />

Sperling und Co<br />

Hamb<strong>ur</strong>gerstraße 35<br />

21316 Lüneb<strong>ur</strong>g<br />

Syringa-Samen<br />

Bachstr. 7<br />

78245 Hilzingen-<br />

Binningen<br />

Literat<strong>ur</strong>tipp<br />

Über die Versuche wirde eine ausführliche Studie mit allen Daten erstellt:<br />

Blumenwiesen-Mischungen im Vergleich. Handelssaatgut im Test der Sächsischen<br />

Landesanstalt für Landwirtschaft. Ca. 128 Seiten. Info bei Sächsische Landesanstalt<br />

für Landwirtschaft, Fachbereich <strong>Garten</strong>bau und Landespflege, Söbrigenerstr. 3a, 01326<br />

Dresden. Tel. 0351/2612-498. Fax 0351/2612-489<br />

Witt, Reinhard/ Dittrich, Bernd: Blumenwiesen. Anlage, Pflege, Praxisbeispiele.<br />

BLV Verlag, München 1996. Im Buchhandel vergriffen, aber über Reinhard Witt zum<br />

Sonderpreis von DM 40,-- statt 49,90 noch erhältlich. Inklusive Porto und Verpackung.<br />

Gegen Scheck im voraus bei: Reinhard Witt, Quellenweg 20, 85570 Ottenhofen.<br />

FLL-Regelwerk: Empfehlungen für besondere Begrünungsverfahren.<br />

Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V., Colmantstr.<br />

32, 53115 Bonn. Tel. 0228/69 00 28 Fax: 0228/690029.<br />

ZUR KONZEPTION VON BLUMENWIESEN-MISCHUNGEN


NATURGARTEN-TAGE <strong>2001</strong><br />

Dr. Frank Molder, Mitarbeiter der RSM-Kommission der Forschungsgesellschaft<br />

Landschaftsentwiclung Landschaftsbau e.V. (FLL) in Bonn, Diplombiologe, D-<br />

Oettingen.<br />

Grundlagen<br />

Bei der Zusammenstellung von Blumenwiesen-Mischungen steht man vor der nicht<br />

leichten Aufgabe, eine artenreiche, standortgerechte und nat<strong>ur</strong>nahe Artenmischung zu<br />

kreieren, die auch noch möglichst preisgünstig sein soll. Sie soll Grundlage für einen<br />

pflegeleichten Pflanzenbestand sein, welcher mit vielen verschiedenen Arten über die<br />

Vegetationsperiode hinweg ausdauernd blüht, leicht zu etablieren ist und schon im<br />

ersten Jahr, aber vor allem mittel- und langfristig einen ausgeglichenen und ästhetisch<br />

ansprechenden Anblick bietet.<br />

Dazu sind neben den Vorgaben der Pflanzenphysiologie, der Standortökologie und der<br />

Saatgutverfügbarkeit v. a. auch Aspekte der Konk<strong>ur</strong>renzdynamik zu beachten. Die<br />

Dynamik von Pflanzenbeständen ergibt sich allgemein aus den genetisch fixierten<br />

sowie standörtlich und pflegetechnisch relativierten Mechanismen der Konk<strong>ur</strong>renz. Als<br />

Grundlage für die Konzeption von Ansaatmischungen sowie z<strong>ur</strong> Kontrolle der Dynamik<br />

eines Pflanzenbestandes bedarf es daher eines Einblicks in diese vielfältigen<br />

Konk<strong>ur</strong>renzmechanismen.<br />

Während diese Konk<strong>ur</strong>renzmechanismen bei artenarmen, reinen Gräser-Ansaaten<br />

unter aufwuchsorientiertem Vielschnitt im wesentlichen erfassbar sind, werden sie bei<br />

artenreichen Ansaaten aufgrund der Vielzahl der unterschiedlichen ökologischen und<br />

physiologischen Anforderungen zunehmend komplexer.<br />

Generell ist in die Ansaatkonk<strong>ur</strong>renz (Keim-, Auflaufverhalten und Jugendentwicklung)<br />

und in die Bestandeskonk<strong>ur</strong>renz (generatives und regeneratives Potenzial, Wuchsart,<br />

Persistenz, Resistenz etc.) zu unterscheiden. Die Auswirkungen der Ansaatkonk<strong>ur</strong>renz<br />

können hauptsächlich d<strong>ur</strong>ch Artenspektrum und Mischungsverhältnis in den Ansaaten<br />

beeinflusst werden. Bei den Mechanismen der Bestandeskonk<strong>ur</strong>renz treten Faktoren<br />

des Standortes und der Pflege, z.B. in Form des Schnittes, in den Vordergrund.<br />

Daher ist wichtig, bei der Konzeption einer Ansaatmischung vor allem einen Überblick<br />

über das Ansaat-Verhalten und die Saatguteigenschaften der einzelnen Arten zu<br />

haben. Wichtig ist hier die Kenntnis zu Fragen wie:<br />

• welche Arten sind ausgesprochene Schnellkeimer mit einem aggressiven<br />

Konk<strong>ur</strong>renzverhalten bereits im ersten Jahr der Ansaat?<br />

z. B. einjährige Arten, Deutsches Weidelgras, verschiedene Zuchtformen<br />

von Gräsern und Leguminosen<br />

• welche Arten sind Kaltkeimer oder keimen n<strong>ur</strong> zögernd ?<br />

z.B. Zypressenwolfsmilch, Hufeisenklee, Odermenning,<br />

• welche Arten können nach der Reife n<strong>ur</strong> wenige Monate ihre Keimfähigkeit<br />

erhalten ? z. B. verschiedene Klappertopf-Arten<br />

44


NATURGARTEN-TAGE <strong>2001</strong><br />

• welche Arten sind schwierig zu kultivieren oder sehr unregelmäßig abreifend<br />

und daher n<strong>ur</strong> mit hohem Aufwand (teuer !) zu vermehren ?<br />

Habichtskraut.<br />

z.B. Kriechender Günsel, Gänseblümchen, Blutw<strong>ur</strong>z, Mausohr-<br />

Bei der Konzeption einer für einen breiteren Anwendungsbereich gültigen<br />

Blumenwiesen-Mischung können folgende Grundregeln als orientierender Rahmen<br />

herangezogen werden:<br />

• Als Vorbild für die angestrebten Pflanzengemeinschaften sind wenig oder nicht<br />

gedüngte Ausbildungen von ein- bis zweischürigen Magerwiesen oder<br />

Magerweiden anzusetzen, die vor der Intensivierung der Landwirtschaft<br />

charakteristische Elemente unserer Kult<strong>ur</strong>landschaft waren. Gegebenenfalls<br />

sind stark sa<strong>ur</strong>e und Kalkmagerrasen zu unterscheiden und als Sonderform<br />

Bestände im Saum- bzw. Halbschattenbereich. Bei der Formulierung eines<br />

Ansaatzieles viel konkreter zu werden, ist als unrealistisch einzustufen (z. B.<br />

Ansaat eines Gentiano-Koelerietum).<br />

• Als Arten-Grundstock kommen in erster Linie ausdauernde, standortgerechte<br />

Grünlandpflanzen mit möglichst großer ökologischer Amplitude in Betracht,<br />

welche bei Bedarf sinnvoll d<strong>ur</strong>ch einige Pflanzen benachbarter<br />

Vegetationsstrukt<strong>ur</strong>en ergänzt werden können (MOLDER u. SKIRDE 1993). Im<br />

Falle einer Ansaat mit Handelssaatgut ist auch die Saatgutverfügbarkeit der Art<br />

auf dem Markt ein grundlegendes Kriterium. Einjährige und überjährige Arten<br />

sollten n<strong>ur</strong> bedingt und in geringem Umfang verwendet werden.<br />

• Für den Großteil der allgemeinen Standorte genügt, unter anderem aus<br />

Gründen der Praktikabilität und Kostengestaltung, eine Grundmischung,<br />

ergänzt mit einer geringen Anzahl von Varianten für besondere<br />

Standortausprägungen.<br />

• Die Anzahl der ausdauernden Grünlandarten sollte sich zwischen 25 und 35<br />

bewegen. Nicht eine übergroße Artenzahl in der Mischung führt rasch zu einem<br />

artenreichen Bestand, sondern ein ausgewogenes Verhältnis nicht zu<br />

konk<strong>ur</strong>renzstarker Arten.<br />

• Bei unpilliertem Saatgut und einer Ausbringungsmenge von ca. 5 g / m² sollte<br />

der Gräseranteil in der Mischung bei ca. 60 – 80 % liegen, Kräuter und<br />

Leguminosen sollten demnach mit ca. 20 - 40 % vertreten sein. Dabei ist zu<br />

beachten, dass der Anteil der Leguminosen und bestimmter<br />

konk<strong>ur</strong>renzstärkerer Gräser und Kräuter nicht zu hoch ist, um Dominanzen und<br />

Fehlentwicklungen zu verhindern. Auf problematische Arten wie z. B. Weiß-<br />

oder Fadenklee sollte generell verzichtet werden.<br />

• An die genetische Qualität des Saatgutes ergeben sich Ansprüche, die auf dem<br />

konventionellen Saatgutmarkt nicht immer erfüllt werden. Die Verwendung von<br />

Zuchtsorten, selektierten Formen oder gar Fremdarten lassen n<strong>ur</strong> bedingt<br />

45


NATURGARTEN-TAGE <strong>2001</strong><br />

allgemeingültige Aussagen über das Verhalten der einzelnen Arten zu. Die<br />

Problematik kann in der bezüglich Wüchsigkeit und Konk<strong>ur</strong>renzverhalten<br />

schlechten Eignung verschiedener Handelsformen für magere, pflegeextensive<br />

Bestände sowie in dem fehlenden nat<strong>ur</strong>räumlichen Bezug der Herkünfte zum<br />

Ausbringungsstandort liegen. Daher ist bei Bezug des Saatgutes auf<br />

nachweisbar heimische, möglichst regionale Herkünfte zu achten. Zum Teil<br />

bietet sich die Einbeziehung von Alternativen in Form von regional geworbenen<br />

Heudrusch- oder Heumulchsaaten an (FLL 1999).<br />

• Bei Sonderstandorten, v.a. bei allen feuchten mit verschiedenen Gründen der<br />

Vernässung, sollte eher jeweils nach den bestehenden Standortbedingungen<br />

reagiert werden, als dass hier Standardmischungen propagiert werden, die eine<br />

angepasste Artenwahl vortäuschen.<br />

• Neben der Standortwahl und der Zusammensetzung der Ansaatmischung ist<br />

die Pflege als entscheidender Faktor z<strong>ur</strong> Beeinflussung der Dynamik von<br />

Pflanzenbeständen anzusprechen. Z<strong>ur</strong> Pflege zählen Faktoren wie Schnitt,<br />

Düngung, Beregnung und Bodenbehandlung. Bei artenreichen Ansaaten steht<br />

der Schnitt eindeutig im Vordergrund. Neben der Schnitthöhe sind Schnittart<br />

(Heu- oder Mulchschnitt), Schnittzeitpunkt und Schnittfrequenz von<br />

entscheidender Bedeutung. Magere artenreiche Bestände kommen in der<br />

Regel mit geringer Pflege aus (1 – 2 Schnitte / Jahr). Vor der Ansaat ist ge-<br />

gebenenfalls eine Vermagerung des Bodens oder bei sehr mageren Rohböden<br />

eine geringe Startdüngung ratsam.<br />

Die artenreichen Regel-Saatgut-Mischungen (RSM) für Landschaftsrasen<br />

Im Landschaftsbau werden neben reinen Grasansaaten seit vielen Jahren auch<br />

artenreichere Ansaaten eingesetzt. In den Regel-Saatgut-Mischungen Rasen (RSM)<br />

der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. (FLL) sind<br />

als Beispiele für solche Ansaatmischungen bisher die Landschaftsrasen RSM 7.1.2<br />

und RSM 7.2.2 zu nennen, die im Rahmen des hier vorliegenden Vergleichsversuches<br />

mit untersucht w<strong>ur</strong>den.<br />

Gründe für die Verwendung artenreicherer Ansaaten im Landschaftsbau sind primär<br />

aber nicht rein ökologische oder ästhetische Vorteile, sondern die<br />

ingenie<strong>ur</strong>biologischen Vorteile artenreicherer Bestände, die sich u.a. ergeben können:<br />

• aus der d<strong>ur</strong>ch unterschiedliche Bew<strong>ur</strong>zelungsstrukt<strong>ur</strong>en und<br />

Bew<strong>ur</strong>zelungstiefen<br />

bedingten guten Bodenfestlegung,<br />

• aus einer verbesserten Erschließung von Pflanzennährstoffen insbesondere auf<br />

Rohbodenstandorten sowie<br />

• aus einem größeren Resistenzspektrum, z. B. in bezug auf Trockenheit oder<br />

Krankheiten.<br />

46


NATURGARTEN-TAGE <strong>2001</strong><br />

Vor dem Hintergrund des prioritären ingenie<strong>ur</strong>biologischen Ziels einer schnellen und<br />

sicheren Bodenfestlegung sind für die genannten RSM Regelaussaatmengen von 20 g<br />

/ m² vorgeschrieben, während der Kräuteranteil relativ gering ist. Bei der RSM 7.1.2<br />

(Landschaftsrasen - Standard mit Kräutern) beträgt der Kräuteranteil bei 7 Gräserarten<br />

und 11 Kräuterarten 1,6 %, bei der RSM 7.1.2 (Landschaftsrasen - Trockenlagen mit<br />

Kräutern) bei 6 Gräserarten und 15 Kräuterarten 2,7 % mit dem Schwerpunkt auf der<br />

großsamigen Esparsette (RSM <strong>2001</strong>).<br />

Für den relativ geringen Kräuteranteil in den RSM sind neben der prioritären<br />

Sicherungswirkung vor allem noch die Kostenfrage (Kräuter sind meist te<strong>ur</strong>er als die<br />

billigen Gräserzuchtsorten) und die relativ hohe Konk<strong>ur</strong>renzkraft einiger der in der<br />

Regel verwendeten Kräuter-Formen zu nennen, so z. T. landwirtschaftliche<br />

Futtersorten (Hornklee, Hopfenklee) oder besonders wuchsstarke Selektionen bzw.<br />

Fremdarten (Schafgarbe, Wiesenwucherblume, Wiesenknopf). Das Ergebnis sind, wie<br />

auch der vorliegende Vergleichsversuch zeigt, oft grasreiche Bestände, in denen sich -<br />

wenn überhaupt - n<strong>ur</strong> die eben genannten Kräuterarten mit geringen Anteilen<br />

etablieren können.<br />

Allerdings muss festgestellt werden, dass die genannten artenreicheren RSM 7.1.2 und<br />

7.2.2 nicht als Blumenwiesenmischungen im engeren Sinne konzipiert worden sind.<br />

Auswirkungen der Pillnitz-Versuche: die neue RSM 8.1<br />

Die Pillnitz-Versuche haben mit dazu beigetragen, dass es ab dem Jahr <strong>2001</strong> offiziell<br />

eine neue Regel-Saatgut-Mischung für Biotopflächen (im Sinne von Blumenwiesen,<br />

artenreichem Extensivgrünland etc.) geben wird. Auf Vorschlag des <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong> e. V.<br />

und nach Abstimmung mit namhaften Saatgutproduzenten w<strong>ur</strong>de die im Folgenden<br />

aufgeführte Ansaatmischung bei der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung<br />

Landschaftsbau e. V. (FLL) in Bonn eingereicht und dort angenommen. Sie wird ab<br />

dem Jahr <strong>2001</strong> unter der Bezeichnung RSM 8.1 im Regelwerk der FLL über Regel-<br />

Saatgutmischungen enthalten sein.<br />

Damit ist es gelungen, eine allgemein akzeptierte und handelskonforme Mischung zu<br />

kreieren, die in großem Umfang eingesetzt werden kann. Jetzt gibt es endlich eine<br />

sinnvolle Alternative zu den bislang verwendeten Mischungen RSM 7.1.2 und RSM<br />

7.2.2. Diese beiden Mischungen kamen bisher häufig dann zum Einsatz, wenn<br />

„Blumenwiesen“ oder „artenreiches Extensivgrünland“ ausgeschrieben waren. Doch<br />

haben der Blumenwiesen -Test in Pillnitz sowie zahlreiche Erfahrungen aus der Praxis<br />

ergeben, dass aus diesen Ansaaten nie artenreiche Blumenwiesen entstanden sind.<br />

Mit der neuen RSM 8.1 wird sich an Straßenböschungen und Wegrändern, auf Halden<br />

und Ausgleichsflächen sowie im öffentlichem und privatem Grün viel ändern. Wer es in<br />

den nächsten Jahren dort blühen sieht, hat vielleicht einen Bestand vor sich, der aus<br />

47


NATURGARTEN-TAGE <strong>2001</strong><br />

dieser Mischung hervorgegangen ist. Z<strong>ur</strong> RSM 8.1 gibt es eine Standardvariante, dazu<br />

Varianten für sa<strong>ur</strong>e, alkalische und halbschattige Standorte<br />

Die Anwendung der RSM 8.1 ist mit der Auflage verbunden, bei den verwendeten<br />

Kräutern prinzipiell n<strong>ur</strong> Wildformen und heimische Herkünfte zu verwenden. Bei den<br />

Gräsern und Leguminosen werden derzeit auf Grundlage des<br />

Saatgutverkehrsgesetzes nicht für alle Arten heimische Wildformen angeboten.<br />

ADRESSEN DER REFERENTEN<br />

Nachfolgend finden Sie die Adressen der Referenten in<br />

alphabetischer Reihenfolge. Setzen Sie sich bei Interesse (Vortrag,<br />

Veröffentlichung, Produkte) bitte direkt mit den entsprechenden<br />

Autoren in Verbindung.<br />

AUFDERHEIDE, Ulrike<br />

Calluna<br />

Büro für nat<strong>ur</strong>nahe <strong>Garten</strong>gestaltung<br />

Weissdornweg 78<br />

D - 53177 Bonn<br />

Tel. und Fax: 0228/ 32 63 63<br />

BURRI, Johannes,<br />

Schaffhauserstr. 6<br />

CH - 8401 Winterth<strong>ur</strong><br />

Tel. 0041/52264 2434<br />

GÜTHLER, Dieter<br />

Lindenbachstr. 1<br />

D - 91126 Schwabach<br />

Tel. 09122/694553. Fax 09122/73976<br />

HILGENSTOCK, Fritz, Dipl. Ing.<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong><br />

Dr.-Moningstr. 29<br />

D 57271 Hilchenbach<br />

Tel. 02733/7728 Fax: 02733/891410<br />

HÜBNER, Klaus<br />

Landesbund für Vogelschutz<br />

Dieselstr. 2<br />

D - 91161 Hilpoltstein<br />

Tel. 09174/47750 Fax 09174/477575<br />

SCHALLERT Christoph<br />

Wolfgang-Philipp-Gesellschaft<br />

Ausschuß für nat<strong>ur</strong>nahen <strong>Garten</strong>bau<br />

Postfach 4366<br />

48<br />

D - 55033 Mainz<br />

Tel. 06131/72354 Fax 06131/364967<br />

MOLDER, Dr. Frank<br />

Bgm.-Beylstr. 4<br />

D 86732 Oettingen i. Bay.<br />

Tel. 09082/73221<br />

RICHARD Peter<br />

Frauenfelderstr. 27<br />

CH – 9545 Wängi<br />

Tel. 0041/52/378 21 84<br />

Fax 0041/52/ 378 21 86<br />

SOMMERIEN, Tilman<br />

Abt-Cölestinstr. 18<br />

D-86609 Donauwörth<br />

Tel. 0906/3994<br />

WENDEBOURG, Tjards, Dipl. Ing.<br />

Planungsgruppe Digitalis<br />

Schneiderberg 28<br />

D 30167 Hannover<br />

Tel. 0511/1612383 Fax 0511/ 1612386<br />

WITT, Dr. Reinhard<br />

<strong>Nat</strong><strong>ur</strong>naher Grünplaner, Biologe und<br />

Jo<strong>ur</strong>nalist<br />

Quellenweg 20<br />

D - 85570 Ottenhofen<br />

Tel. 08121/ 464 83 Fax 08121/145


UNSERE VISION<br />

NATURGARTEN-TAGE <strong>2001</strong><br />

Die Zukunft der <strong>Garten</strong>- und Landschaftsgestaltung gehört dem nat<strong>ur</strong>nahen<br />

Grün. <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>nahes Grün wird nicht n<strong>ur</strong> im privaten Bereich vor der Haustür<br />

selbstverständlich sein, sondern genauso in öffentlichen Anlagen: Schulhöfen,<br />

Kindergärten, Firmengeländen, Verkehrsgrün .... die Möglichkeiten sind<br />

unzählig.<br />

Ein dichtes Netzwerk von <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>oasen bietet die geeigneten Lebensräume für<br />

heimische Pflanzen und Tiere und ermöglicht uns, unseren Kindern und<br />

Enkelkindern d<strong>ur</strong>ch bewußtes ERLEBEN den Zugang z<strong>ur</strong> <strong>Nat</strong><strong>ur</strong> und damit zu<br />

uns selbst. Dies wird gerade in unserer technikorientierten Zeit immer wichtiger.<br />

Für die Gesellschaft und die Erhaltung einer lebenswerten Umwelt leisten wir<br />

d<strong>ur</strong>ch unsere Arbeit wichtige Beiträge.<br />

Wir möchten diesen Weg vom monotonen Einheitsgrün und exotischen<br />

Pflanzungen hin zu vielfältigen, bunten LEBENS-Räumen als Trendsetter<br />

entscheidend prägen.<br />

In unserer Arbeit blicken wir über den <strong>Garten</strong>zaun hinaus und gehen kreativ<br />

und mutig neue Wege.<br />

Unsere Hilfe und unser Wissen bieten wir jedem Interessenten an, Mitgliedern<br />

und Nicht-Mitgliedern. D<strong>ur</strong>ch diese Gespräche entdecken wir auch bei uns<br />

selbst kontinuierlich neue Potentiale und Erkenntnisse.<br />

Der Erfolg unserer Arbeit hängt von jedem einzelnen Mitglied ab. Die kleinen<br />

täglichen Beiträge sind mindestens genauso wichtig wie große spektakuläre<br />

Aktionen.<br />

Wir sehen uns als Gemeinschaft, in der sich die einzelnen Mitglieder<br />

gegenseitig unterstützen und Mut machen für unsere tägliche <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong>-<br />

Arbeit. Gemeinsam sind wir stark und gemeinsam haben wir mehr Spaß.<br />

Parteien-, Konfessions-, Vereins- oder Verbandszugehörigkeit spielt für uns<br />

keine Rolle. Wir sind in unserer Zusammenarbeit offen. Entscheidend ist das<br />

gemeinsame Ziel und der gemeinsame Wille, dieses erreichen zu wollen.<br />

49


NATURGARTEN-TAGE <strong>2001</strong><br />

Andersdenkende möchten wir nicht ausschließen, sondern d<strong>ur</strong>ch unser<br />

persönliches Beispiel anregen und überzeugen. Ökologisches Denken zeigt<br />

sich bei uns im verantwortungsbewußten Umgang mit allen Resso<strong>ur</strong>cen, in der<br />

Arbeit wie auch in der Freizeit. <strong>Nat</strong><strong>ur</strong>schutz ist Umweltschutz im besten Sinn.<br />

Beitrittserklärung<br />

Ja, ich bin dabei. Ich möchte die <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong>-Idee unterstützen und die<br />

aktuelle Entwicklung im nat<strong>ur</strong>nahen Grünbereich nicht verpassen. Ich<br />

erkläre hiermit meine/unsere Mitgliedschaft im NATURGARTEN E. V. als<br />

Einzelmitglied Jahresbeitrag DM 60,--<br />

Einzelmitglied ermäßigt (AZUBI, Student, Rentner,<br />

arbeitslos, gegen Bescheinigung) Jahresbeitrag DM 30,--<br />

Experte für nat<strong>ur</strong>nahes Grün (Eintrag im Adressenservice möglich)<br />

Jahresbeitrag DM 150,--<br />

Kommune/Verein/Verband Jahresbeitrag DM 100,--<br />

Zusätzlich zum Beitrag spende ich/wir jährlich DM ........<br />

Ich/wir ermächtige(n) NATURGARTEN E. V., meinen Jahresbeitrag/Spende<br />

bis auf Widerruf zu Lasten meines/unseres Kontos mittels Lastschrift<br />

einzuziehen.<br />

............................................................................................................................................. Name,<br />

Vorname, Firma, Verband Strasse, Hausnummer<br />

.............................................................................................................................................<br />

PLZ Wohnort Geb.Datum Kontonummer BLZ Kreditinstitut<br />

.............................................................................................................................................<br />

Datum und Unterschrift Kontoinhaber(in)<br />

Und ab die Post.....schicken Sie diesen Abschnitt ab besten noch heute an:<br />

NATURGARTEN E. V., Mitgliederservice, Postfach 430906, 80739 München Tel/Fax: 089 /52 34 770<br />

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Impressum<br />

NATURGARTEN-TAGE <strong>2001</strong><br />

Tagungsbericht <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong>tage <strong>2001</strong><br />

Herausgeber: NATURGARTEN e.V.,<br />

Verein für nat<strong>ur</strong>nahe <strong>Garten</strong>- und Landschaftsgestaltung<br />

Bundesgeschäftsstelle<br />

Postfach 43 09 06 80739 München<br />

Auflage: 1000<br />

Koordination: Dr. Reinhard Witt<br />

Der Tagungsbericht wird an Mitglieder des <strong>Nat</strong><strong>ur</strong><strong>garten</strong> e.V. verschickt und ist im jährlichen<br />

Mitgliedsbeitrag von derzeit DM 60,- für Einzelmitglieder bzw. DM 150,- für Firmen und<br />

DM 100,-- für Verbände enthalten.<br />

Bankverbindung: Sparkasse Starnberg, BLZ 702 501 50, Konto-Nr. 430 28 20 20<br />

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