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Reise Perspektiven

Bauen ist für Hotelchef Luis Riu fast wie eine Droge

Luis Riu führt mit seiner Schwester Carmen in dritter Generation die RIU-Hotelgruppe. Der Spanier gilt als expansionsfreudig und ruhelos. Kurz vor Beginn der Internationalen Tourismusbörse äußert er sich im Gespräch mit WELT ONLINE zu guten und schlechten Aussichten in Zeiten der Wirtschaftskrise.
Das RIU-Hotel "Calypso" auf der Kanaren-Insel Fuerteventura Das RIU-Hotel "Calypso" auf der Kanaren-Insel Fuerteventura
Zimmer mit Aussicht: Das RIU-Hotel "Calypso" auf der Kanaren-Insel Fuerteventura
Quelle: dpa

Er hat eine Schwäche für Architektur. Wenn Luis Riu, Chef eines der weltgrößten Hotelkonzerne, neue Ferienanlagen bauen lässt, achtet er auf anspruchsvolles Design. Meist sind es Hotels mit Meerblick. Riu hat offenbar eine glückliche Hand: Die Auslastung der Häuser ist hoch, und trotz Wirtschaftskrise plant sein Unternehmen neue Projekte.

WELT ONLINE: Schlecht geschlafen?


Luis Riu: Wieso?


WELT ONLINE: Sie sind angeblich sehr ruhelos.

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Riu: Stimmt. Das ist seit zehn Jahren so. (Schaut in seinen Taschenkalender) In dieser Zeit bin ich mindestens 120 Tage pro Jahr in einem unserer mehr als 100 Hotels oder auf dem Weg dorthin gewesen. Aber mir macht das immer noch viel Spaß.


WELT ONLINE: Wohin fliegen Sie als Nächstes?


Riu: Letzte Woche war ich in Costa Rica, dann Mexiko, und jetzt geht es nach Lanzarote.


WELT ONLINE: Bekommen Sie auf Ihren Reisen immer das beste Zimmer?


Riu: (lacht und schüttelt den Kopf) Unsere Direktoren sind ziemlich ausgebufft. Normalerweise bekomme ich ein Zimmer, das gerade frei ist. Und die meisten geben mir – wenn irgend möglich – ihr schlechtestes Zimmer.

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WELT ONLINE: Das heißt?


Riu: Entweder riecht es nach Essen, die Klimaanlage ist zu laut, oder ich muss direkt neben dem Aufzug schlafen.


WELT ONLINE: Sie machen Witze.


Riu: Im Ernst. Ich soll sehen, mit welchen Problemen meine Leute gerade kämpfen müssen. Das hat bei RIU Tradition, die Direktoren haben das schon mit meinem Vater so gemacht.

WELT ONLINE: Hat es gewirkt?

Riu: Natürlich, wer will schon immer schlecht schlafen?

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WELT ONLINE: Sie kriegen also nie das Zimmer oder die Suite mit dem tollen Meerblick?

Riu: Manchmal habe ich Glück und kann die tolle Aussicht genießen. Ich bin auf einer Insel groß geworden, und die meisten Insulaner müssen ihr Leben lang das Meer und den Horizont sehen, sonst fühlen wir uns nicht wohl.

WELT ONLINE: Wo spannen Sie denn aus?

Riu: Ich will auf gar keinen Fall mehr als zwei Stunden fliegen müssen. Den Süden Teneriffas finde ich zum Beispiel sehr schön und verbringe dort immer wieder ein paar ruhige Tage.

WELT ONLINE: Warum ausgerechnet dort?

Riu: Sonne, tolle Natur, und man spricht Spanisch. Da fühle ich mich sehr zu Hause.

WELT ONLINE: Dann verhalten Sie sich ja wie die Deutschen – viele machen auch immer noch am liebsten im eigenen Land Urlaub.


Riu: Zum Glück nicht alle. Dann hätten wir ein Problem, unsere Hotels zu füllen. Bis jetzt kommen noch sehr viele Deutsche, darunter viele langjährige Stammgäste.


WELT ONLINE: Warum ist den meisten deutschen Touristen der Blick aufs Wasser so wichtig?


Riu: Das Glitzern und die türkisblaue Farbe sind Gegenpole zum grauen Alltag. Das erfrischt die Augen. Leider gibt es bis heute noch keine Möglichkeit, ein Hotel so zu bauen, dass alle aufs Meer schauen können.


WELT ONLINE: Muss man bei RIU dafür extra bezahlen?


Riu: Na klar. Sonst würde es zu Tumulten beim Einchecken kommen. Im Durchschnitt kostet das 15 Prozent mehr.

WELT ONLINE: Warum sind Sie eigentlich so viel unterwegs?

Riu: Auf den Balearen und den Kanaren ist es seit vielen Jahren nicht mehr möglich, neue Hotels in Strandnähe zu bauen. Wir sind deshalb in andere Länder ausgewichen. Ich hab' zum Beispiel das RIU-Geschäft in der Dominikanischen Republik aufgebaut und dort auch lange gelebt.

WELT ONLINE: Sie sind die Nummer zwei in Spanien. Wollen Sie noch größer werden?


Riu: Wir würden schon gern weiter expandieren, aber keiner weiß derzeit, wie sich die Krise weiter entwickeln wird.


WELT ONLINE: Was haben Sie als Nächstes vor?


Riu: Wir werden jetzt einige Projekte etwas langsamer angehen. Eigentlich bauen wir pro Jahr zwischen zwei und drei eigene Hotels.


WELT ONLINE: Haben Sie Probleme mit der Finanzierung?


Riu: Nein, die Familie steckt traditionell den ganzen Gewinn der Gruppe in den Neubau von Hotels.


WELT ONLINE: Wovon leben Sie dann?

Riu: Wir zahlen uns ein Gehalt aus.

WELT ONLINE: Und Sie verdienen so viel Geld, dass Sie drei neue Hotelanlagen pro Jahr bauen können?

Riu: Nicht ganz. Aber unsere Fremdfinanzierungsquote ist vergleichsweise sehr gering, und das lieben Banken.

WELT ONLINE: Wo sollen in den nächsten Jahren neue RIU-Hotels entstehen?

Riu: Noch in diesem Jahr werden wir unser erstes eigenes Hotel in Costa Rica eröffnen, und ich habe bereits Grundstücke, um noch zwei weitere zu bauen. Dazu kommt eine neue Hotelanlage an der Pazifikküste in Mexiko. Auf Aruba suche ich ein geeignetes Grundstück für ein weiteres Hotel. Außerdem bauen wir auf den Kapverden, auf Boavista. Dort wollen wir in zwei Jahren das „Touareg“ an einem Traumstrand eröffnen.


WELT ONLINE: Wie sieht denn Ihr Traumhotel aus?


Riu: Schwer zu sagen. Mein Traumhaus kann ich Ihnen beschreiben. Aber ein Hotel ist Business, und da müssen wir die Träume der Gäste erfüllen.


WELT ONLINE: Die kennen Sie doch gar nicht.


Riu: Doch, zum Teil schon. Wir lassen zum Beispiel in jedem unserer Hotels zwei- bis dreimal die Woche die Kundenzufriedenheit messen und vergleichen die Werte mit unseren Vorgaben. Wir fragen nach Wünschen und Verbesserungsvorschlägen. Die Ergebnisse landen bei mir auf dem Tisch. Unser Vorstand befasst sich in jeder Sitzung zuerst mit Kundenzufriedenheit. Erst wenn das geklärt ist, reden wir über den Rest des Geschäfts.

WELT ONLINE: Sie betreiben in der Karibik und in Mexiko sehr große Anlagen. Ab welcher Hotelgröße fühlen sich Menschen unwohl?

Riu: Am wohlsten fühlen sich die meisten Urlauber nach meiner Erfahrung in klassischen Ferienhotels, die nicht mehr als 700 Zimmer haben. Dann kommt man sich nicht einsam vor, und die gesamte Anlage bleibt überschaubar. Wenn Sie ein „Riu Palace“ mit fünf Sternen vermarkten wollen, dann dürfen es nicht mehr als 500 Zimmer sein.

WELT ONLINE: Wird diese Form des Massentourismus ungebremst weitergehen?

Riu: In den nächsten zehn bis 15 Jahren, glaube ich, werden weiterhin sehr viele Menschen drei bis vier Stunden in die Sonne fliegen, um dann zwei Wochen sorglos am Strand ihren Urlaub zu verbringen. Das Prinzip wird das gleiche bleiben, aber die Inhalte werden sich sicherlich verändern müssen.

WELT ONLINE: Die Wirtschaftskrise wird das Reiseverhalten nicht ändern?

Riu: Nein. Der amerikanische Markt hängt zwar bereits kräftig durch, dann kommt Kanada und danach Europa. Aber ich bin ganz sicher, dass die Amerikaner die Krise schneller meistern werden. Dieses Jahr wird schwer werden, aber dann geht es wieder aufwärts.

WELT ONLINE: Und was machen Sie bis dahin?

Riu: Wir werden Anreize schaffen, damit die Amerikaner wieder reisen – zu guter Letzt geht das natürlich auch über den Preis. Das ist zwar hart für uns, denn wir müssen und wollen unsere Qualität und unser gut ausgebildetes Personal halten. Das geht wahrscheinlich nur auf Kosten der Gewinne. Die vergangenen Jahre liefen für uns sehr gut, dann müssen wir auch ein schlechtes aushalten können.

WELT ONLINE: Beunruhigt Sie die in den USA verbreitete Forderung, Waren und Dienstleistungen aus dem eigenen Land zu kaufen?

Riu: Nicht wirklich. In Kalifornien oder in Florida ist es allein wegen der Personalkosten einfach viel teurer, Urlaub zu machen, als in Mexiko, der Dominikanischen Republik oder auf Jamaika. Deswegen werden wir dort auch weiter bauen.

WELT ONLINE: Wären Sie gern Architekt geworden?

Riu: Ich habe zwar Wirtschaft studiert, aber es stimmt: Ich verbringe sehr viel Zeit mit Planung und Bau unserer neuen Hotelanlagen. Das macht mir großen Spaß. Für mich ist das fast wie eine Droge.


WELT ONLINE: Wie entscheiden Sie, wo Sie investieren?


Riu: Ich höre mir die landestypische Musik an.

WELT ONLINE: Wie bitte?

Riu: Klingt komisch, aber ich habe die Erfahrung gemacht: Je musikalischer die Bevölkerung ist, umso verbundener und umso wohler fühlen sich die Gäste in dem Land. Und das ist das Wichtigste, damit ich ruhig schlafen kann.

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