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Israel-Reise Westerwelle kämpft gegen das Möllemann-Trauma

Es ist sein erster Israel-Besuch als Außenminister: Doch bei der Reise in den Nahen Osten holt die Vergangenheit Guido Westerwelle ein. Einmal mehr wird der Liberale auf die antiisraelischen Eskapaden von Jürgen Möllemann aus dem Jahr 2002 angesprochen.
Israel-Reise: Westerwelle kämpft gegen das Möllemann-Trauma

Israel-Reise: Westerwelle kämpft gegen das Möllemann-Trauma

Foto: David Silverman/ Getty Images

Guido Westerwelle

hat sich schon einmal in das Gedenkbuch der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem eingetragen. Damals, im Mai 2002, schrieb er als FDP-Vorsitzender die Zeile: "Geschichte endet nicht mit einer neuen Generation." Sieben Jahre später ist er als Außenminister wieder hier. Nach dem Rundgang trägt er sich erneut in das Buch ein. Den Satz liest der 47-Jährige laut vor, wie das üblich ist: "Wir werden nicht vergessen. Unsere Verantwortung bleibt, unsere Freundschaft wächst."

Für Deutsche der Generation Westerwelle, die in den sechziger Jahren geboren wurden, ist eine Reise nach Israel keine Routine. Weder für Politiker noch die begleitenden Journalisten.

Nach dem Besuch der Ausstellung hat Westerwelle in der Halle der Erinnerungen mit einer Kurbel die ewige Flamme angefacht, der deutsche Botschafter einen Kranz niedergelegt, der Außenminister die Streifen anschließend geglättet und für einen Moment innegehalten. Westerwelle weiß, das in diesem Augenblick die Kameras auf ihn gerichtet sind. Es geht bei dieser Reise, wie sollte es anders sein, auch um Bilder.

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Antrittsreisen in aller Welt: Westerwelle auf Schnupperkurs

Foto: PHILIPPE WOJAZER/ REUTERS

Charlotte Knobloch

In Jad Vaschem, wo Israel der sechs Millionen ermordeten Juden gedenkt, stehen an seiner Seite nicht nur der Leiter der Gedenkstätte und der deutsche Botschafter, sondern auch die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, .

Das ist eine besondere Geste.

Ariel Scharon

Denn Westerwelles letzter Besuch in Israel 2002 ist nach wie vor sein großes Trauma. Damals hatte sein Parteifreund Jürgen Möllemann in Deutschland mit antiisraelischen Äußerungen empört, wenige Monate vor der Bundestagswahl. Das belastete die Beziehungen der FDP zum Zentralrat der Juden. Westerwelles Besuch in Israel war schließlich völlig von Möllemanns Eskapaden überschattet worden: Bei der Zusammenkunft mit dem damaligen Premier musste er nicht nur lange warten, er durfte sich auch eine öffentliche Ermahnung anhören: Die Dinge, die gegen die Jüdische Gemeinde in Deutschland ausgesprochen würden, "beunruhigen uns sehr". Eine Demütigung, vorgetragen vor Journalisten, die Westerwelle noch heute nachgeht.

Bedrohung durch ein mögliches Atomwaffenprogramm Irans

Der FDP-Chef, damals knapp ein Jahr im Amt, zögerte zu lange, um dem NRW-Landesvorsitzenden Möllemann Einhalt zu gebieten. Dass das ein Fehler war, darüber reflektiert er heute offen und selbstkritisch.

Am Flughafen in Berlin wird der FDP-Politiker daran erinnert, dass die Affäre nicht gänzlich vergessen ist. Kaum hat er sein Statement zur politischen Lage abgegeben, da fragen ihn Reporter nach den Folgewirkungen seines Besuchs von 2002. Das sei eine Diskussion, die nur in Deutschland eine Rolle spiele. Nicht aber in Israel, dort habe man "andere Probleme", sagt Westerwelle.

Angela Merkel

In der Tat. In Israel geht es in diesen Monaten einmal mehr um die Bedrohung durch ein mögliches Atomwaffenprogramm Irans. Wie kürzlich Kanzlerin bei ihrer Rede in Washington vor dem Kongress, so warnt auch Westerwelle vor der Option einer nuklearen Bewaffnung Teherans: Das sei in "keiner Weise akzeptabel".

Benjamin Netanjahu

Für den Besuch Westerwelles hat sich auch der israelische Premier Zeit genommen. Vom Rollfeld in Tel Aviv geht es - entgegen der ursprünglichen Planung - zunächst nach Jerusalem, zum Sitz des Ministerpräsidenten . Ein einstündiges "sehr intensives und sehr freundliches Gespräch" habe es gegeben, zunächst im Delegationskreis, anschließend unter vier Augen. Die Themenpalette: Wirtschafts- und Finanzfragen, Strategien zur Überwindung der Krise, Iran, der Nahost-Friedensprozess.

Westerwelle wirbt für die Zwei-Staaten-Lösung

Schimon Peres

Avigdor Lieberman

Westerwelle kommt nach Israel, um zuallererst zuzuhören. Große Pläne hat er nicht im Gepäck, er weiß um die bescheidenen Möglichkeiten der deutschen Außenpolitik in diesem ohnehin komplizierten Teil der Welt. Am Dienstag geht es nach Ramallah, zu einem Treffen mit dem palästinensischen Ministerpräsidenten Salam Fajad, anschließend zu Gesprächen mit dem israelischen Staatspräsidenten und Außenminister .

Westerwelle, das ist in Israel die Kontinuität der deutschen Außenpolitik: Er wirbt, wie auch zuvor die Große Koalition unter seinem Amtsvorgänger Frank-Walter Steinmeier, für die Zwei-Staaten-Lösung. Israel habe das Recht, sicher in eigenen Grenzen, die Palästinenser das Recht, in einem eigenen Staat zu leben, sagt er. Der Beschluss der jetzigen israelischen Regierung, weitere 900 Wohneinheiten im Osten Jerusalems zu bauen, ist von der internationalen Gemeinschaft kritisiert worden - zuletzt von US-Präsident Barack Obama.

Siedlungspolitik

Auch in Berlin sorgt der Bau für schrille Töne. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), warnt Israel davor, "schrittweise politischen Selbstmord" zu begehen. Mit der Fortsetzung der und mit "jedem neuen Haus" werde der Frieden im Nahen Osten "immer weiter verbaut", sagte er der "Passauer Neuen Presse" am Dienstag.

Vor dem Hintergrund des Antrittsbesuches von Außenminister Guido Westerwelle (FDP) in Israel erklärte Polenz: "Wenn man sich als Freund Israels für das Ziel eines dauerhaften Friedens und einer Zweistaatenlösung einsetzt, sollte man die israelische Regierung dort kritisieren, wo sie nach unserer Auffassung Fehler macht." Kritik dürfe und müsse man "gerade von einem Freund erwarten", unterstrich der CDU-Politiker: "Deutschland und der Außenminister sollten hier keine falsche Zurückhaltung üben." Zwar müsse man dabei den richtigen Ton finden, doch die Botschaft müsse klar sein: "Eine Einstellung des Siedlungsbaus ist absolut notwendig."

Westerwelle ist bei diesem heiklen Thema ganz Diplomat. Er verweist auf die Road Map von 2003, in dem das Einfrieren des Siedlungsbaus gefordert worden sei. Das, sagt er, sei "nicht nur die Haltung der Bundesregierung, sondern der ganzen Völkergemeinschaft".

Mit Material von ddp