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Frankfurter Bub zelebriert das Karlsamt

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In Erinnerung an Kaiser Karl den Großen, der nicht nur Gründervater Europas ist, sondern auch Patron der Stadt und des Kaiserdoms, feiert die katholische Stadtkirche Frankfurt das traditionelle Karlsamt im Dom. Hauptzelebrant und Prediger ist jedes Jahr ein anderer europäischer Bischof. In diesem Jahr mit Bischof Vincenzo Viva aus Albano (r.).
In Erinnerung an Kaiser Karl den Großen, der nicht nur Gründervater Europas ist, sondern auch Patron der Stadt und des Kaiserdoms, feiert die katholische Stadtkirche Frankfurt das traditionelle Karlsamt im Dom. Hauptzelebrant und Prediger ist jedes Jahr ein anderer europäischer Bischof. In diesem Jahr mit Bischof Vincenzo Viva aus Albano (r.). © Rainer Rüffer

Mit einem feierlichen Gottesdienst, lateinischen Gesängen und viel Tradition ist im Bartholomäusdom an den Todestag Karls des Großen erinnert worden. Gastbischof war in diesem Jahr Vincenzo Viva aus Albano in Italien, der Frankfurt von Herzen verbunden ist.

Erstmals in seiner langen Geschichte hat ein Hauptzelebrant aus dem Ausland das Karlsamt in seiner Heimatstadt gefeiert: Denn Bischof Vincenzo Viva ist ein Frankfurter Bub, für den das Hochamt zu Ehren des Frankenkaisers ebenso zu Frankfurt gehört wie Ebbelwei und Grüne Soße, wie er sagt. Er ist Bischof in Albano, der Stadt der päpstlichen Villen im Großraum Rom, wo es viele historische Verbindungen zum Karlsamt gibt. Gefeiert wird es anlässlich des Todestags Karls des Großen am 28. Januar 814.

In Rom gibt es einige Spuren der beiden Patrone des Frankfurter Kaiserdoms Sankt Bartholomäus: An der Pforte zum Petersdom befindet sich die Bodenplatte, auf der Karl der Große im Jahr 800 von Papst Leo III. zum Kaiser gekrönt wurde. In den Vatikanischen Museen ist ein Fresko der Kaiserkrönung zu bewundern und in der Bartholomäuskirche auf der Tiberinsel ruhen die Gebeine des gleichnamigen Apostels. Eine Schädelreliquie gelangte vor 1215 in den Frankfurter Dom.

Dass der Gedenktag des heiligen Bartholomäus am 24. August zugleich der Geburtstag von Vincenzo Viva ist, mutet wie eine schicksalshafte Fügung an. Sein Besuch in Frankfurt ist ein Heimspiel – eigentlich. Denn da er etwas außerhalb in Rödelheim in der Gemeinde Sankt Antonius aufgewachsen ist, erlebt auch er das Karlsamt als Premiere. „Die Neue Altstadt mit ihren Cafés finde ich wunderschön“, lobt er. Doch vor der Liturgie im Kaiserdom hatte er besonderen Respekt: „Alles sehr feierlich und mit Frankfurter Herz.“

Ehrfürchtig zieht Bischof Viva mit den Damen und Ehrenrittern der Geistlichen Ritterorden in den mit mehr als 600 Gläubigen voll besetzten Dom ein, bevor die Eröffnungshymne „Carolus Magnus, Kaiser“ ertönt, getextet vom Musikwissenschaftler Lutz Riehl. Erstmals begrüßt Pia Arnold- Rammé die Festgemeinde, die die katholische Stadtkirche Frankfurt zusammen mit Stadtdekan Johannes zu Eltz leitet. Unter Mitwirkung der Frankfurter Dombläser, des Vokalquartetts und der Choralscholia Sankt Bartholomäus sowie der Domkantorin Hermia Schlichtmann und des Domkantors Johannes Wilhelmi erklingen die lateinische Karlssequenz („Frankfurt, du königliche Stadt“) und die Kaiserlaudes mit Bittrufen an die Schutzheiligen – beides nach dem Vorbild des Aachener Karlsfests.

„Sicherlich ist das Europa Karls des Großen nicht das heutige. Wir sind zeitlich so weit weg, und es ist inzwischen viel Wasser unter den Brücken des Mains geflossen“, sagt Viva in seiner Predigt. Die Kirche in Europa sei es lange Zeit gewohnt gewesen, im Mittelpunkt der Welt zu stehen. Doch die heutige Realität ist eine andere, wie Stadtrat Bernd Heidenreich beim Empfang im Römer unterstreicht. „Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs schien der ewige Friede garantiert, doch nun ist der Krieg nach Europa zurückgekehrt.“ Das politische Haus Europas wackele heute an allen Ecken und Enden. Es gebe aber eine Chance, wie Viva im Domgespräch und in der Predigt herausstellt: „Wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass Europa über ein außerordentliches Erbe an Werten und Denkkulturen verfügt, die von humanistischen Traditionen inspiriert sind, sowohl von religiöser als auch säkularer Herkunft.“ Wobei mit Humanismus jene Menschlichkeit gemeint sei, die die Achtung der Menschenwürde nach den christlichen Geboten in den Mittelpunkt stelle.

Von Gernot Gottwals

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